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Heimatsuche

Im Sommer 2011 begann der Verein das Projekt "Heimatsuche". Neben den Texten von Vereinsmitgliedern gab es auch Beiträge von anderen interessierten Autoren. Zum Thema gab es 2 Sonderhefte des Gedankenwassers. Das erste mit Aufruf im Juli 2011 und das zweite dann im April 2012 nach erfolgter Lesung. Bei der Lesung in der Tee- und Wärmestube Königs Wusterhausen am 09. März 2012 wurden Menschen, die sich Gedanken machen, von uns mit Poetischem verwöhnt.

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Im Sommer 2011 begann der Verein das Projekt „Heimatsuche“.

Neben den Texten von Vereinsmitgliedern gab es auch Beiträge von anderen interessierten Autoren. Zum Thema gab es 2 Sonderhefte des Gedankenwassers. Das erste mit Aufruf im Juli 2011 und das zweite dann im April 2012 nach erfolgter Lesung.

Bei der Lesung in der Tee- und Wärmestube Königs Wusterhausen am 09. März 2012 wurden Menschen, die sich Gedanken machen, von uns mit Poetischem verwöhnt.

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Liane Fehler: kaltblau – icy blue

Der Blick aus kaltblau schnitt wie eine Klinge die Worte ab so amputiert ohne Sprache kondensierte meine Seele Niederschlag auf dem Gesicht

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Der Blick aus kaltblau
schnitt wie eine Klinge
die Worte ab
so amputiert
ohne Sprache
kondensierte
meine Seele
Niederschlag
auf dem Gesicht

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015.

Andreas Schrock: Wie soll ich es sagen

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In der Kaufhalle sind sie so nett. Nicht nur die Kassiererin, nein, auch die Kunden. Das sind ja alles meine Nachbarn. Die kommen jeden Tag. Die grüßen mich und ich grüße zurück. Ich winke ihnen zu, wie ein Seemann auf Landgang, zwischen den Regalen. Rolling home.

Das Kirchenschiff ist gewaltig. Und schweigt. Ich bin nicht wichtig.
W a s  w i l l s t  d u , flüstert mir eine Stimme zu. Sie formt sich im Raum, hoch oben, unter der getäfelten Decke.

In der Kaufhalle ist Leben. Fröhliche Rollatorwelt. Vormittags kommen sie, sie bugsieren sich geschickt Richtung  Wursttheke, forsch: 150 bitte, von der da. Darf`s ein bisschen mehr sein? Sie sind so freundlich. Alle. Selbst der Kassierer, der das Geld nimmt. Der hat’s ja auch nicht leicht.

W a s  w i l  l s t  d u  d e n n, flüstert wieder die Stimme. Ich lebe vorbei. spreche ich auf meiner leeren Kirchenbank vor mich hin. An irgend etwas vorbei, verstehst du? Dieses Schweigen, das dann folgt. Vor dem Kirchenfenster geht etwas vorüber. Ein Schatten, vielleicht ein Vorschatten. Gibt es so etwas?

Ich bin ein Seemann, der durch die Regale schwankt. Ich summe vor mich hin. Ich segle über die Packungen, die bunte Werbung. Die können mir viel erzählen. Ha, ich habe schon eine Menge Regale gesehen. Vorn an der Kasse steht eine Stiege Rentnerbrause: 0,2er Fläschchen Sekt, gut auch zum Mittag, um den Kreislauf anzukurbeln.

Ich lege mich auf die Kirchenbank, schaue nach oben, an die getäfelte Decke. Wenn jetzt der Küster kommt, holt er einen Notarzt. Ich lebe nicht vorbei, ich gleite vorbei. Oder besser: ich gleite am Eigentlichen entlang, wie an einem Pergamentpapier. Da ist die Stimme wieder: S c  h r e i b  e i n e   G e s c h i c h t e, flüstert sie. Aber was soll ich denn schreiben? Das Transzendente schweigt. Wenn es wenigstens rascheln würde.

In der Kaufhalle drehe ich jetzt die zweite Runde. Jedes Ding in meinem Wagen ist eine Story. Ich hab einen Wagen voller Geschichten, Leute. Guckt mal, die Wurstmischer, die Lohnarbeiter, die Werbetexter, die Brummi-Fahrer. Wow. Lauter kleine Geschichten, vom schönen Kapitalismus.

O Gott, lass mich nicht mutlos werden. Also: woran lebe ich vorbei? Ich bemühe mein Gedächtnis. Das Kind in mir findet etwas. Es bricht durch eine Hecke: Mutti, Mutti, guck mal! Ich bin immer noch allein in der Kirche. Ich lege meine Hände auf die Ablage der Kirchenbank. Holz. Richtig altes Holz.

Ich glaub, ich bin besoffen, dritte Runde, da hinten kommen die Wasserflaschen in Sicht. Die gefallen mir am besten, die erzählen nämlich Geschichten über mich: Kalziumgehalt, Natriumgehalt, Flouride, Chloride, Bromide…dat ist für’s Gleichgewicht. Links die Basen, rechts die Säuren. Backbord und Steuerbord, das Schiff schwankt manchmal ganz schön.
Immanenz und Transzendenz, die Innen- und
Außenseite der Welt. Volkstümlich und gerne missverstanden: Diesseits und Jenseits. Ich wiege die Wortpaare auf der Zunge hin und her. Ich richte mich auf. Zum ersten Mal blicke ich mich um im Kirchenschiff. Da hängen zwei Christusse. Das ist ein Unding, es gibt keine zwei Christusse. Aber sie hängen beide da, jeder an seinem Kreuz. Der an der einen Wand hängt, hat den Mund halb geöffnet. Er trägt schwer an seiner Dornenkrone. Der leidet. Der Christus an der anderen Wand hat den Mund geschlossen, die Gesichtszüge sind entspannt. Der ist schon tot.

Vierte Runde. Ich hab wieder ein paar Nachbarn getroffen. Und einen Klassenkameraden. In meinem Kopf summt Nena: „Lass mich dein Pirat sein…“ So ein Freibeuter hat schon was. Ich könnte meinen vollen Wagen wieder auspacken. Und dabei gleich die Regale umsortieren. Ein bisschen Abwechslung in’s Sortiment bringen. Der Punkt ist nur: wer soll das verstehen.

I c h  w e i ß  e s, rufe ich der Stimme im Kirchenschiff zu. Der Schatten vor dem Fenster soll hereinbrechen. Das Pergamentpapier soll zerreißen. Die Transzendenz raschelt nicht. Sie flüstert auch nicht. Sie kommt mit einem Knall. Das Unsichtbare, das sichtbar wird, ist immer ein Störfaktor. Das ist die Geschichte. Der Punkt ist nur: wer soll sie je verstehen.
Mühlberg/ Elbe, 2./3. Mai 2012

Anregung durch: „Examination oder: Wie soll ich es sagen“ von Manuela Gerlach

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Helft uns auf die Sprünge!

Liebe Freunde und Vereinsmitglieder! Dies ist ein Appell an Jeden, der etwas zur Vervollständigung unserer Chronik beitragen kann: Bitte schreibt uns: witzig uns spritzig, oder ganz korrekt und akribisch mit Daten und Fakten, macht es, wie ihr wollt und könnt.

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Liebe Freunde und Vereinsmitglieder! Dies ist ein Appell an Jeden, der etwas zur Vervollständigung unserer Chronik beitragen kann: Bitte schreibt uns: witzig uns spritzig, oder ganz korrekt und akribisch mit Daten und Fakten, macht es, wie ihr wollt und könnt. Als Online-Redaktion haben wir noch ein paar Baustellen auf dieser unserer neuen Seite und bei der Chronik fehlt nach meinem Gefühl eine Menge.Ich sage: „Das kann doch nicht alles gewesen sein,oder?“

Jetzt sind die Tage kurz und die Abende lang, vielleicht denkt der Eine oder Andere zurück und erinnert sich noch gut an Erlebnisse, die mit unserem Verein untrennbar verknüpft sind. Bitte zögert nicht! Ich hoffe auf eure Unterstützung.

Liane Fehler

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Liane Fehler: Mit dem Flügelschuh – poem: with the wing shoe

Mit dem Flügelschuh (dem Engel gemaust) gelaufen übers Wolkenbeet noch schnell den goldenen Mond angestupst Bin ein Spielkind Glückskind

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Mit dem Flügelschuh
(dem Engel gemaust)
gelaufen übers Wolkenbeet
noch schnell den

goldenen Mond
angestupst

Bin ein Spielkind
Glückskind
so voller Übermut
aus der Luft gefangen
Deinen sehnsüchtigen Blick
nach oben

Ein großes Ja!
in den Himmel geschrieben

5.Mai 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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Liane Fehler: Sattle den Frosch – poem: Saddle the frog – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Hab meine Erwartungen verfüttert am Teich werfe auch die nicht gesagten Worte hinterher Tränenblick presst die Ohnmacht aus dem Körper suche ein Vehikel für mein „ICH“ will fort sattle den Frosch und hüpfe von dannen

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smt: Heimat – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Heimat, das ist Melodie, klingt in meinem Herzen. Heimat steckt tief drin im Kopf, sentimentale Schmerzen. Heimat ist Erinnerung, bittersüße Zeit.

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Heimat, das ist Melodie,
klingt in meinem Herzen.
Heimat steckt tief drin im Kopf,
sentimentale Schmerzen.
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Heimat ist Erinnerung,
bittersüße Zeit.
Heimat seufzt ein Klagelied
der Vergangenheit

Doch:
Heimat ist nicht nur ein Ort,
Heimat heißt Gefühl.
Heimat kann die Fremde sein,
wenn ich dort sein will.

Heimat ist auch Blick nach vorn,
morgen fahr´ ich fort.
Gib mir ein paar Jahre Zeit,
dann ist Heimat dort.

März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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sibyll maschler: Haikus Engelsgleich leuchtend …

Engelsgleich leuchtend zwischen Himmel und Erde Milchstraßenkinder Halb Mond halb Sonne fließt Licht am Tag und des nachts durch ihre Körper

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Engelsgleich leuchtend
zwischen Himmel und Erde
Milchstraßenkinder
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Halb Mond halb Sonne
fließt Licht am Tag und des nachts
durch ihre Körper
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Wie fallender Schnee
Du und ich leuchtend und leis´
Berührung im Flug
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Du, Vater unser
lass dich ins Gebet nehmen
damit ich nicht schrei

smt: Die letzte Nacht

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Und wieder kann ich nicht schlafen. Seit Tagen geht das schon so. Der Tinnitus pfeift in meinen Ohren, und die zu kleine Decke sorgt für kalte Füße. Als ich mich auf die andere Seite drehe, quietschst du leise. Vorsichtig kuschele ich mich an Dich und denke zurück. Wie lange ist es jetzt her – zwölf Jahre? Ein Wunder, dass du mich so lange ertragen hast. Sacht streichen meine Finger über deine kleinen Falten. Ja, wir werden alle nicht jünger. Ich habe an Umfang und Gewicht zugelegt und du eben … – nun, es ist, wie es ist.

Damals war es Liebe auf den ersten Blick. Ich plünderte für dich mein Konto und schon zwei Wochen später kamst du in meine erste eigene Wohnung, in die ich erst kurz zuvor eingezogen war. Es waren glückliche Jahre, aber mit der Zeit wurde es anstrengend. Anfangs botest du mir Halt und wachtest über meinen oft unruhigen Schlaf. Still nahmst du es hin, wenn ich mich erst spät in der Nacht hinlegte und nicht vor dem Mittag wieder aufstand. Doch unbewusst hast du mich immer deine Härte und  Unnachgiebigkeit spüren lassen – und so nahm ich schließlich doch immer wieder den Kampf mit dem Alltag auf. Doch dann ließ diese belebende Spannung nach. Du wurdest immer nachgiebiger und ich hatte das Gefühl, in deiner Weichheit zu versinken, nicht mehr hochzukommen, ja fast zu ersticken. Irgendwann wurde mir klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Es gab keine gemeinsame Zukunft für uns.

Weil ich wusste, dass du das anders sehen würdest, ließ ich mir Zeit bei der Suche nach etwas neuem – aber irgendwann war es so weit. Es passierte in einem großen Einkaufspark. Wie damals bei dir, verliebte ich mich sofort. Dennoch zögerte ich vor dem entscheidenden Schritt. Mir war klar, es ist die richtige Entscheidung, aber nicht jedem fällt es leicht, Gewohntes aufzugeben. Vielleicht liege ich deshalb gerade noch immer wach da, während du in dir ruhst. Ich wollte keinen langen Abschied und habe mich deshalb für die schnelle, schmerzhafte Variante entschieden. Du weißt noch nicht, dass
dies unsere letzte gemeinsame Nacht sein wird. Ich habe keine großen Vorbereitungen getroffen, es erschien mir sowieso unvermeidlich, dass ihr euch kurz begegnen werdet.

Mir ist klar, wie unwahrscheinlich es ist, dass dich nach mir noch jemand nimmt. Sie haben mir zugesagt, dich abzuholen, aber wo sie dich hinbringen werden – ich weiß es nicht. Und auch wenn du keine Zukunft hast – für mich wird es eine Erleichterung, ein Neuanfang sein. Mit diesem Gedanken schlafe ich doch noch kurz ein. Als ich am Morgen aufstehe und meinen schmerzenden Rücken spüre, bin ich mir endgültig sicher: Sie war richtig – die Entscheidung für ein neues Bett.

Der Text wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Schöner scheitern

Ach, wie ist das Scheitern schön, ich mag mich so gern scheitern seh´n. Scheitern macht mich so passiv, ich suhle mich im Stimmungstief. Foto: "Küstrin an der Oder, nach der Zerstörung 1945 A21Glocke"

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Ach, wie ist das Scheitern schön,
ich mag mich so gern scheitern seh´n.
Scheitern macht mich so passiv,
ich suhle mich im Stimmungstief.
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Die Wanne voller Selbstmitleid
steht zum Bad für mich bereit.
Tief ins Scheitern eingesunken
fühl´ ich mich ganz freudetrunken.
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Genießend dieses süße Gift
bin ich vom Schmerz total bekifft,
setz´ mit den goldnen Scheitern-Schuss,
stell´ mich ins Fenster – Sprung und Schluss
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Und die Moral von der Geschicht:
Schöner scheitern kann man nicht!

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März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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