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wenn die offene*
dir zur leeren landschaft wird*
fehlen die worte
(veröffentlicht im GeWa 114)
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wenn die offene*
dir zur leeren landschaft wird*
fehlen die worte
(veröffentlicht im GeWa 114)
Manchmal Matjora
Schmecke ich das Blut
Die zerbrochene Klinge
Ragt aus meinem Auge
Blau
Du schenkst Wein, rot
wie der schmeckt und
vom Blut befreit
diesen Brotlaib
in dem alle Leiber schwanden
die zerfielen
zu Ackersand
Speck teilst du und
Freundschaft springt über
Als könne uns nun
Keine Klinge mehr
(veröffentlicht im GeWa 114)
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im haus vor dem deich
wohnst du wissend um die flut*
die kommt irgendwann
(veröffentlicht im GeWa 114)
am nachtdunklen strand
ins nächste dorf gehen
wo niemand wartet
(veröffentlicht im GeWa 114)
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Ich war noch ein ganz schlimmes Milchgesicht
Echt
Und Kraft kannte ich damals nur als Sehnsucht danach
Ich traf eine alte Frau auf der Straße
Sie versprach mir sehr viel davon
Dafür müsste ich nur ein paar Menschen essen
Aber:
Bloß nicht die, die in Bars auf alten Barhockern rumhängen
Denn die hätten schon lange keine mehr, sagte sie noch
Tatsächlich packte mich jetzt ein riesiger Menschenhunger
Den kannte ich bisher nur als Gerücht von Facebook
Es gab ihn also wirklich
Wer hätte das gedacht
Ich zerrte den Erstbesten von der Straße in ein Gebüsch
Probierte, kaute, schluckte
Es schmeckte wunderbar
Das Gerücht hatte nicht gelogen und
Kraft flog auf mich zu
Für immer und ewig hoffte ich
(Ich hatte mich nicht getäuscht
Denn aus mir wurde was ich noch heute bin:
Der stärkste Berliner der Welt)
(veröffentlicht im GeWa 114)
Teufel, also manchmal
kommt mir der Verdacht
so schlecht können Teufel
nun auch nicht sein
in Talkshows sah ich
arme Teufel stammeln
vor Wetterkarten sah ich
einen Teufel rammeln
kleine Teufel sah ich
auf die Nase fliegen
oder betrunkene
in Haltestellen liegen
tatsächlich sah ich einen
über einen Kontoauszug weinen
Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN 978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.) und im GeWa 114.
die inselnase
hier musst du her nach dem sturm
berge muscheln tang
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(veröffentlicht im GeWa 114)
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Still !
– Eurer Klagen kommt zu spät.
Seht !
– Das Mögliche ist getan.
Jetzt.
– Ist nichts mehr zu tun.
Schweigt!
– Umsonst Euer Geschrei.
(veröffentlicht im GeWa 114)
aus dem GeWa 114
: aus verschiedenen Materialien (Papierpoetik, Stimmengewebe, Profilfotos u.a.) zusammengesetztes Sprachbild…
„VORWORT“
derartig vorgestimmt, mit einem Schattenwurf auf das bevorstehende Frühjahrsseminar in der Bücherstatt Wünsdorf, entstand die Textsammlung zum GEWA Nr. 114. Im Seminar werden wir uns auch der Thematik “Collage“ zuwenden…
Selten im Lesekreis zu findende Autoren, wie von Andrea Meng, Maria Goldberg und Michaela Cessari, erheben ihre Stimmen im Gewebe der Poetik und profilieren sich im Heft Seite an Seite mit den langjährigen Mitstreitern. So entstand einmal mehr eine Collage aus Texten. Diese Entdeckung hat uns beim Zusammenstellen überrascht und Freude bereitet. Immer geht es uns darum, Neueres aufzuspüren, andere Handschriften kennen zu lernen, in Stimmungen und Sichtwelten der Autoren zu reisen. Wenn es der Zunft der bildenden Künste gegeben ist, aus unterschiedlichen Materialien, Papier, Gewebe, Fotos und anderen Fundsachen Bilder zu schaffen, so haben wir Schreibenden die Möglichkeit, unsere Fundstücke, Gedankensplitter und Themengewebe in poetische Sprachbilder zu setzen. Sicher ist das schwer miteinander zu vergleichen, aber mir scheint der kreative Ansatz dazu derselben Familie zu entspringen. “… die Dinge reden hör ich so gern… “ heißt es bei R. M. Rilke. Also folgen wir ihm und geben den Dingen einen Raum im Haus der Sprache bis hin zu dem kühnen Versuch von Christian Rempel naturwissenschaftliche Theorie in Gedichte zu transformieren. Totsicher, ein gewagtes Experiment, bei dem nach gültiger Spielregel wenigstens einer der Kontrahenten beschädigt aus dem Rahmen fallen wird. Dennoch, auch daran wird die Verlockung sichtbar, mit Themenmaterialien zu hantieren und sie tragfähig in Schrift zu stellen. Nachdenklicher das Resümee der “Mitvierzigjährigen“ von Annett Goldberg, ihr Material ist das gelebte Leben, die durchlebte Erfahrung. So hat es Franz Fühmann ausgedrückt: “Dichtung ist durchlebte Erfahrung.“ Für uns, auf der Suche nach dem Collagenhaften in der Poetik wird deutlich, wie weit unser Rahmen sich öffnet. Auch die kleinen Formen, Haiku von Marie Goldberg und Lars Steger lassen erkennen, wie sich die Suche und das Sammeln vollziehen. Ist nicht jeder von uns schon mit gesenktem Blick an Ufern und Stränden entlanggelaufen, darauf hoffend, den lang ersehnten Schatz, die Flaschenpost mit der geheimen Botschaft oder die Werkzeugkiste eines Schiffbrüchigen zu finden? Heimgekehrt sind wir mit einem geschliffenen Steinchen, aber eben mit einem, der nun ins Mosaik unseres Lebens gehört. Wohl auch ein Teil gelebter Collage …
Vielen Dank an die Autoren für die Beiträge und viel Spaß beim Erkunden der Texte.
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Er steht am Fluss
In der Hand einen Bolzenschneider
Es regnet seit Jahren
Aus den Feuchtwiesen sind Sumpfwiesen geworden
Ach was, ganz üble Moore sind es
Und das Land, in dem er lebt
Schimmelt
Der große, schnelle Fluss treibt die Enten fort
Voll Speed
Sie wissen überhaupt nicht wie ihnen geschieht
Da, eine Barrikade aus unterspülten, entwurzelten, mitgerissenen Bäumen
Mitten im Fluss
Die Enten knallen voll dagegen
Prallen wieder ab
Sind total zerzaust, ramponiert
Einige sind tot
Aber er hat ja noch seinen Bolzenschneider
Er wird sie jetzt retten mit seiner Tat
Die Zukunft der Enten retten
Nicht mehr dieser
Aber auf jeden Fall die der nächsten
Er schneidet den ganzen verdammten Bäumefilz auseinander
Er schneidet, er schuftet, er schwitzt
Tausenden Enten wird es das Leben retten
Denkt er, hofft er
Er halluziniert jetzt
Denn dafür
Für diese Rettung
Seine Tat
Sozusagen als kleines Dankeschön
Möchte er daß ihm ein Wunsch erfüllt wird
Sein einziger und wenn es denn ginge
Daß Enten Wünsche erfüllen –
Er wünscht sich also
Daß endlich dieser eine Traum aufhört
Den er jede Nacht hat
Daß er im Regen zelten muß
Nachts
Ohne Zelt