Liebe “Eitlen Künstler”, – liebe Freunde,
viele Jahre durften wir Literaturinteressierte in der Bibliothek in Wildau zu Gast sein und möchten uns (ich gehe davon aus, nicht nur im eigenen Namen zu sprechen) für die stets entgegengebrachte Gastfreundschaft und Umsorgung, für die perfekte Organisation und das Managen jeglichen Drum und Drans – bei Annett Goldberg ganz herzlich bedanken.
Sie hat dafür gesorgt, dass für uns dort ideale Voraussetzungen für die kreative Arbeit in der Gemeinschaft gegeben sind und das neben ihren zahlreichen anderen Aufgaben, die sie für unseren Verein auch noch gestemmt hat.
Nun, die Fußstapfen sind groß, in die wir jetzt mit der Neu-Organisation von „Lesen und Schreiben“ treten werden, das ab Mittwoch, dem 9. September 2020 in der Karl-Marx- Strasse Nr. 123 in 15745 Wildau in den Räumen der AWO – welche auch den Seniorentreff beherbergen – stattfinden wird.
Liebe Annett,
vielen, vielen Dank für Deine umfangreiche, bisher geleistete Arbeit in all den Jahren, Deine Energie und Dein Engagement – immer im Sinne unseres Vereins – das könnte mein Thema werden für die von Gerhard angeregte Thematik: Helden.
Wenn ich mir vorstelle, dass jedes Mitglied unseres Vereins einen solchen Einsatz wie Du an den Tag legen würde: Was wäre dann alles möglich?
In Abwandlung eines Sprichwortes möchte ich anregen:
Frage Dich nicht, was der Verein für Dich tun kann,
sondern frage Dich lieber, was Du für den Verein tun kannst.
Liane Fehler
Onlineredaktion
PS: Aufgrund der ihr eigenen Bescheidenheit hat Annett oft still und effektiv die Lösung von Herausforderungen und Problemen unseres Vereins in Angriff genommen. Deshalb vermute ich, dass Einige von uns gar nicht genau wissen, welchen Umfang ihr Engagement umfasste.
Die Organisation von „Lesen und Schreiben“ habe ich bereits angedeutet, dazu kam das Managen der „Vereinspenunze“, das Suchen und Finden von Banken, die möglichst wenig von unseren Mitgliedsbeiträgen als Gebühren einfordern, damit jede „Eurone“ möglichst sachdienlich ausgegeben werden kann.
Das Gedankenwasser – jedes Heft – zur Druckreife bringen durch eine Endkontrolle, Probedruck etc. und die Abstimmungen mit den jeweiligen Redakteuren und anderes, bis es das Gedankenwasser von ihr bei „Lesen und Schreiben“ an die Anwesenden verteilt wurde – auch um teures Porto einzusparen.
Oft – so gut wie immer (korrigiert mich bitte, falls ich falschliegen sollte), hatte Annett einen maßgeblichen Anteil bei der Organisation von Seminaren – Absprachen mit den Vermietern, Absprachen mit den Mitgliedern unseres Vereins – Verpflegung organisieren.
Falls sie mal die Branche wechseln wollte, hätte sie genug Erfahrungen im Veranstaltungsmanagement, vermute ich mal – auch vielleicht im Umgang mit „schwierigen Kunden“ auf jeden Fall hat sie das Talent, welches es braucht, um einen Sack Flöhe hüten zu können – wo jeder in eine andere Richtung hüpfen will. Die Kunst besteht sicher auch darin, sich selbst immer wieder zu motivieren – nicht vor der Aufgabe zu kapitulieren – eben nicht aufzugeben, sondern noch einmal nach zu fragen. Das ist sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen.
Es ist noch längst nicht auserzählt, aber Andere können dieses Thema gern aufgreifen und ergänzen. Ich erhebe hier nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Entschuldigt bitte, dieser Nachtrag ist etwas länger geworden, aber bei dem Pensum, das ich würdigen wollte, war das auch bei angestrebter Beschränkung auf das Wesentliche nicht kürzer darstellbar. Vielen Dank für Euer Interesse.
Einladung zu „Lesen und Schreiben“ in neuen Räumen
Liebe “Eitlen Künstler” und Freunde der “UnDichter”,
Ihr seid ganz herzlich eingeladen, Euch wieder nach Lust und Laune einzubringen, an Gesprächen über Texte zu beteiligen und engagiert ein „Für“ oder „Wider“ zu vertreten oder aber ein „Sowohl – als auch“ – ganz nach Temperament und Stimmung.
Unser neuer Treff für die Veranstaltung Lesen und Schreiben wurde bestätigt und wird ab dem 9. September 2020 in der Karl-Marx- Straße Nr. 123 in 15745 Wildau sein. Wie bisher auch treffen wir uns immer am 2. Mittwoch im Monat gegen 16:30 Uhr.
Dort könnt ihr wie – bisher auch – gern eigene Texte vorstellen und ein erstes Feedback erhalten. Das gilt auch für selbst komponierte Lieder, für Bilder, Zeichnungen und Fotos oder andere kreative Ausdrücke, die denkbar sind.
Literaturinteressierte und Neugierige sind zu diesen Arbeitstreffen herzlich eingeladen.
Liane Fehler
Onlineredaktion
PS: Mein Dank gebührt unserer lieben Vereinskameradin Susann Schulz, die uns bei diesem Wechsel maßgeblich unterstützt hat.
Gerhard Jaeger: Schöner Abend
Schöner Abend wie viele Einsamkeiten blicken über die Meere wie viele Sonnenuntergänge tauchen ein ins Sehnen warum liebe Sonne schlucken dich die Horizonte warum Sonne Sand und Meer wiegt der Untergang so schwerwie viele Einsamkeiten
blicken über die Meere
wie viele Sonnenuntergänge
tauchen ein ins Sehnen
warum liebe Sonne
schlucken dich die Horizonte
warum Sonne Sand und Meer
wiegt der Untergang so schwer
Gerhard Jaeger: Stillstand
warum kommt der Regen
nicht, warum kann die Sonne schlafen
nicht unterm Wolkenbett, warum rollen die Milliarden
nicht in meine Taschen keine Bewegung
nicht bewegen Bewegung nicht gefragt
warum nicht gefragt, still, der Stand, still
wohin willst du
warum
isabel arndt: LIEBESGEDICHTE
I du kommst bist ein ton das klavier klingt lange klingt wie du barfuß mir ein haus spielst in dem abends die sonne ramazotti trinkt 06.05.20 isabel arndt ...I
du kommst
bist ein ton
das klavier klingt lange
klingt wie du
barfuß
mir ein haus spielst in dem
abends die sonne
ramazotti trinkt
06.05.20
isabel arndt
II
ein kleines licht spaziert dir am hals
die wolken spielen sonne verstecken
das mittagsmoos zeichnet wirbel für wirbel
deine konturen nach und meine
der wind hat dem frühling eine geschichte
zu erzählen – kenn ich schon, sagt der
aber wie oft auch das grün aufbrach
immer ging es diesselben anderen wege
06.05.20
isabel arndt
III
schon wissen
dich gleich sehen
und deine füße schon wissen und
meine hände wie sohlen ihrer wege
und wie
ein kissen mein bauch
musst deinen kopf drauf und kurz
ein stück vom tag brechen und in
aprikosenmarmelade
mit augen zu
09.05.20
isabel arndt
IV
du lässt eine lücke
im gehen, ich stolpere
immer danach, finde mich
nicht; das WIR liegt noch
so herum
geht und bleibt
hat vier füße, vier hände
und summt, immer
vergess ich die melodie
allein
aber klingt nach
tropfen im heißen wegstaub und
wie die mohnblütenhülle fällt.
und wie kerzen anzünden
und lächeln
13.05.20
isabel arndt
V
die zäune gelten nicht
nicht, wenn sie offen sind
und wir einfach hindurch
in den nachmittag
die steilwände senkrecht
zum wasser kein weg
aber zum steg muss es irgendwie
nein, das sind keine kalten regentropfen
die holzbohlen schwanken, du
bist als erster im frühlingswasser
dann ich und du zitterst danach
und ich wärm dich von innen
die stille ist bischen verlegen
legt sich rücklings ins flüssige blau
die arme um die bäume gebreitet
die haare seerosenwurzeln aus sonne
dann ist es einfach zeit geworden
wir rollten den faden auf, den weg
zurück und waren gefangen, aber
die bäume und steine öffneten uns
18.05.20
isabel arndt
Den Hängesessel einer gedachten Insel verlassen. Erst 5 Liebesgedichte. Doch 5 Liebesgedichte. Und ein Lächeln. Danke Corona. Hiergeblieben, hat sie gesagt. Hast hier die Liebe zu finden und zu geben. Und hatte recht. Und jetzt der nächste Programmpunkt: ich komm also nächste Woche wieder, pack das Auto und das Kind und ab auf die Fähre. Nach Island.
Corona will mit. Soll sie nicht, sagen die Behörden. Werden uns testen, alle Mitfahrer testen und was, wenn nur einer sie mitgebracht hat, dann sitzen wir alle fest. Und so schaukelt erst mal der Gedanke in einem Hängesessel in meinem Kopf und kuckt mit mir zusammen Reiseführer durch.
07.07.20
TERMINÄNDERUNG – Frühjahrseminar 2020
Stephan & Joseph laden ein:
Alle Maler können ab Mittwoch, 17.06., zum Malseminar einfliegen,
am Freitag, 19.06.2020, können alle Nur-Schreiber und Leser hinzukommen, und
am Samstag, 20.06., feiern wir alle zusammen 30 Jahre EKeV!
Wo: „Josephs Hof“ in 01561 Lampertswalde
(bitte Mails dazu beachten)
Isabel Arndt: Sabbattagebuch VI 29.04.20
Etwas ist neu am Sitzen. Dachte bisher, man sitzt in diversen dafür vorgesehenen Möbeln oder je nach Bodenbelag eben darauf und kommt mit den Ameisen klar oder nicht. Und steht auf, wenn’s weh tut oder es irgendwie Zeit ist. Aber so direkt mitten in der Zeit sitzen, festsitzen, kein Hafturlaub und sowieso per se angeklagt, ein Corona-Verbreiter zu sein – ist neu. Ich hatte mal irgendwelche Rechte, aber das war davor. Alles davor war die alte Zeitrechnung. Kuckst du Bilder mit vielen Leuten an, weißt du gleich: davor. Christi Auferstehung dieses Jahr gleich auf die neue Art gefeiert. Omas Geldbrief im Briefkasten gefunden. Effizient. Musste auch nicht wegen des Kartoffelsalats lügen, brauchte ihn gar nicht erst essen. Gefällt mir. Und im Schlafanzug mit Laptop aufm Schoß auf der Couch heißt homeoffice. Sitzt sich total bequem. Kein Stau aufm Weg ins Büro. Auch schön.
Nur nicht dran denken. Wo ich jetzt eigentlich…in transatlantischen Bussen… gesessen hätte. Kratzige Stoffe südamerikanischer Bäuerinnen im Schlaglochrhythmus andiner Serpentinen auf die Haut gepresst, nur nicht raus in den Abgrund schauen, nicht die Augen zumachen, aufs Gepäck achten, immer, und die Ohren verstopfen, all die telenovelas ohne Unterlass und mein Magen oder Darm würden ab und zu ihren Unmut äußern müssen über was man hier so verdauen soll, ach eigentlich…
…sitze ich dort auch grade fest. Aber denk ich mir alte Holzdielen und Brandung dazu. Denk ich mir mitten in Chile eine Insel. Isla Negra. Und bin dort im gesammelten Leben von Pablo Neruda zwischen Gallionsfiguren, Flaschenschiffen und Muscheln, Sesseln auch. Sitze dort außerhalb der Zeit und schreibe zwanzig Liebesgedichte aus Wind und Leidenschaft und Poesie.
Lars Steger – Rezension: Und wenn ich schweige
„Und wenn ich schweige, brennt mein Herz“ – was gibt es dazu noch zu sagen …
(zu Hinnerk Einhorn. Osirisdruck Leipzig. ISBN 978-3-941394-04-9)
Man soll Texte ja eigentlich nicht kommentieren. Vor allem nicht die, die einem schon lange im Hals stecken. Die kommen immer zur Unzeit. Manchmal, weil sie ZU aktuell wirken, auch wenn sie es gar nicht sind.
Anderseits (oder außerdem?) hab ich grad Hinnerk Einhorns letzten Band „Und wenn ich schweige, brennt mein Herz“ gelesen und macht mich stumm, wie souverän er mit dem Thema Tod umgeht. Ein ganzer Band Gedichte von Tod und Sterben – und vor allem dabei vom (Weiter-)Leben! Für mich ganz stark. Gerade in all der Zerbrechlichkeit. Eine Privatheit, eine Nähe am Autor, schmerzhaft ehrlich und gerade dabei die Dinge benennend, denen keiner von uns entgehen kann. Stärke daraus ziehend – mit den Leben und seinen Enden umzugehen. Das endlich zu können. Ohne Selbstbetrug, ohne Verdrängung. Annahme.
Ein Band, den ich nur gedichteweise lesen konnte und wollte, mit dem ich zu einer alten Gewohnheit zurückgefunden habe: den Tag mit ein zwei Gedichten zu beginnen auf dem Balkon. Danke Hinnerk!
Danke auch, dass du mich wieder Notizen machen lässt. Auch wenn die nicht deinen literarischen Ansprüchen entsprechen:
Die tiefere Wahrheit
heißt ganz einfach:
Lebe!
–
Und im besten Fall
so, dass das Leben
einen Sinn hat.
für dich, für die Deinen,
für die, die an dich glauben,
für die, die dich brauchen,
ohne dich je zu kennen
Lars Steger
Andreas Schrock: Annäherung an die Ikonenmalerei
Zuerst ist die Farbe. Oder die Idee von einer Farbe: Kaffee. Tante G. hatte mir Bilder gezeigt, die während ihrer Reha entstanden. Landschaften in Brauntönen, gemalt mit einer wässrigen Lösung aus gefriergetrocknetem Kaffee. Ich bereite einen, wie ich meine, kräftigen Sud. Doch es funktioniert nicht. Die Striche auf dem Blatt bleiben blass, ohne Kraft.
Also steige ich auf Aquarell und Umbra um. „Umbra“ klingt irgendwie gut. Das Wort stammt aus dem Lateinischen und heißt Schatten. Umbra wird landläufig mit Römischbraun übersetzt. Ich suche eine Vorlage aus dem Netz, dann die Farben in den Näpfchen.
Wie soll das Licht fallen? Ich könnte versuchen, das Gesicht aus sich selbst heraus leuchten zu lassen, wie manche Ikonenmaler es tun. Also ohne Schatten, ohne Tiefe, eben flach. Aber das wäre verrückt! Generationen von Malern haben daran gearbeitet, den Raum (die Perspektive, die Tiefe) auf die Leinwand zu kriegen. Die Welt gewissermaßen auf das Kunstwerk zu erweitern. Nur die Expressionisten waren anders, glaube ich. Und dann soll man einfach Fläche malen?! Andererseits: Wenn man Fläche malte, wäre das auch ein Zeichen. Der (irdische) Raum würde unwichtig, das Blatt würde zur Grenze zwischen Immanenz (Welt) und Transzendenz (dem Dahinterliegenden). Im günstigste Fall spräche es, wie eben ein Kunstwerk spricht. Was es sagt, ist die spannende Frage!
Sollte ich Christus malen? Oder auch Gottvater, den Heiligen Geist, Maria und diverse Heilige, wie in den letzten 500 Jahren üblich? Und wenn schon so viele Heilige, warum nicht auch Menschen wie dich und mich? Gut, dann aber wäre der Heiligenschein im Wege. Ich blättere im Netz, es flüstert aus verschiedenen Ecken: Gold ist Zeichen für Göttliches. Aber Moment mal, ist nicht auch ein Ehering normalerweise aus Gold? Ich entscheide mich für Gold, aber nicht um den Kopf herum, sondern als Fläche dahinter. So, als hinge ein Fließ an der Wand. Dann wäre die Gefahr der Selbstüberhebung gebannt, denn das Göttliche ist im Raum, einfach so.
Eine erste Skizze entsteht. Ich bin nicht besonders zufrieden. Nichts stimmt so richtig. Aber für heute ist es genug. Das Wort Ikone stammt aus dem Griechischen und heißt Abbild. Ikonen können Meditationsbilder sein. Man soll eine Kerze davor aufstellen, heißt es. Im Schein der brennenden Kerze fangen sie an zu leben.
Andreas Schrock
Annäherung an die Ikonenmalerei II
