0

Liane Fehler: Mit dem Flügelschuh – poem: with the wing shoe

Mit dem Flügelschuh (dem Engel gemaust) gelaufen übers Wolkenbeet noch schnell den goldenen Mond angestupst Bin ein Spielkind Glückskind

by

Mit dem Flügelschuh
(dem Engel gemaust)
gelaufen übers Wolkenbeet
noch schnell den

goldenen Mond
angestupst

Bin ein Spielkind
Glückskind
so voller Übermut
aus der Luft gefangen
Deinen sehnsüchtigen Blick
nach oben

Ein großes Ja!
in den Himmel geschrieben

5.Mai 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

*
`*

0

Liane Fehler: Sattle den Frosch – poem: Saddle the frog – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Hab meine Erwartungen verfüttert am Teich werfe auch die nicht gesagten Worte hinterher Tränenblick presst die Ohnmacht aus dem Körper suche ein Vehikel für mein „ICH“ will fort sattle den Frosch und hüpfe von dannen

by

0

smt: Heimat – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Heimat, das ist Melodie, klingt in meinem Herzen. Heimat steckt tief drin im Kopf, sentimentale Schmerzen. Heimat ist Erinnerung, bittersüße Zeit.

by

*

Heimat, das ist Melodie,
klingt in meinem Herzen.
Heimat steckt tief drin im Kopf,
sentimentale Schmerzen.
*
Heimat ist Erinnerung,
bittersüße Zeit.
Heimat seufzt ein Klagelied
der Vergangenheit

Doch:
Heimat ist nicht nur ein Ort,
Heimat heißt Gefühl.
Heimat kann die Fremde sein,
wenn ich dort sein will.

Heimat ist auch Blick nach vorn,
morgen fahr´ ich fort.
Gib mir ein paar Jahre Zeit,
dann ist Heimat dort.

März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

0

sibyll maschler: Haikus Engelsgleich leuchtend …

Engelsgleich leuchtend zwischen Himmel und Erde Milchstraßenkinder Halb Mond halb Sonne fließt Licht am Tag und des nachts durch ihre Körper

by

Engelsgleich leuchtend
zwischen Himmel und Erde
Milchstraßenkinder
*
Halb Mond halb Sonne
fließt Licht am Tag und des nachts
durch ihre Körper
*
Wie fallender Schnee
Du und ich leuchtend und leis´
Berührung im Flug
*
Du, Vater unser
lass dich ins Gebet nehmen
damit ich nicht schrei

smt: Die letzte Nacht

by

*

Und wieder kann ich nicht schlafen. Seit Tagen geht das schon so. Der Tinnitus pfeift in meinen Ohren, und die zu kleine Decke sorgt für kalte Füße. Als ich mich auf die andere Seite drehe, quietschst du leise. Vorsichtig kuschele ich mich an Dich und denke zurück. Wie lange ist es jetzt her – zwölf Jahre? Ein Wunder, dass du mich so lange ertragen hast. Sacht streichen meine Finger über deine kleinen Falten. Ja, wir werden alle nicht jünger. Ich habe an Umfang und Gewicht zugelegt und du eben … – nun, es ist, wie es ist.

Damals war es Liebe auf den ersten Blick. Ich plünderte für dich mein Konto und schon zwei Wochen später kamst du in meine erste eigene Wohnung, in die ich erst kurz zuvor eingezogen war. Es waren glückliche Jahre, aber mit der Zeit wurde es anstrengend. Anfangs botest du mir Halt und wachtest über meinen oft unruhigen Schlaf. Still nahmst du es hin, wenn ich mich erst spät in der Nacht hinlegte und nicht vor dem Mittag wieder aufstand. Doch unbewusst hast du mich immer deine Härte und  Unnachgiebigkeit spüren lassen – und so nahm ich schließlich doch immer wieder den Kampf mit dem Alltag auf. Doch dann ließ diese belebende Spannung nach. Du wurdest immer nachgiebiger und ich hatte das Gefühl, in deiner Weichheit zu versinken, nicht mehr hochzukommen, ja fast zu ersticken. Irgendwann wurde mir klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Es gab keine gemeinsame Zukunft für uns.

Weil ich wusste, dass du das anders sehen würdest, ließ ich mir Zeit bei der Suche nach etwas neuem – aber irgendwann war es so weit. Es passierte in einem großen Einkaufspark. Wie damals bei dir, verliebte ich mich sofort. Dennoch zögerte ich vor dem entscheidenden Schritt. Mir war klar, es ist die richtige Entscheidung, aber nicht jedem fällt es leicht, Gewohntes aufzugeben. Vielleicht liege ich deshalb gerade noch immer wach da, während du in dir ruhst. Ich wollte keinen langen Abschied und habe mich deshalb für die schnelle, schmerzhafte Variante entschieden. Du weißt noch nicht, dass
dies unsere letzte gemeinsame Nacht sein wird. Ich habe keine großen Vorbereitungen getroffen, es erschien mir sowieso unvermeidlich, dass ihr euch kurz begegnen werdet.

Mir ist klar, wie unwahrscheinlich es ist, dass dich nach mir noch jemand nimmt. Sie haben mir zugesagt, dich abzuholen, aber wo sie dich hinbringen werden – ich weiß es nicht. Und auch wenn du keine Zukunft hast – für mich wird es eine Erleichterung, ein Neuanfang sein. Mit diesem Gedanken schlafe ich doch noch kurz ein. Als ich am Morgen aufstehe und meinen schmerzenden Rücken spüre, bin ich mir endgültig sicher: Sie war richtig – die Entscheidung für ein neues Bett.

Der Text wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

1

smt: Schöner scheitern

Ach, wie ist das Scheitern schön, ich mag mich so gern scheitern seh´n. Scheitern macht mich so passiv, ich suhle mich im Stimmungstief. Foto: "Küstrin an der Oder, nach der Zerstörung 1945 A21Glocke"

by


*

Ach, wie ist das Scheitern schön,
ich mag mich so gern scheitern seh´n.
Scheitern macht mich so passiv,
ich suhle mich im Stimmungstief.
*

Die Wanne voller Selbstmitleid
steht zum Bad für mich bereit.
Tief ins Scheitern eingesunken
fühl´ ich mich ganz freudetrunken.
*

Genießend dieses süße Gift
bin ich vom Schmerz total bekifft,
setz´ mit den goldnen Scheitern-Schuss,
stell´ mich ins Fenster – Sprung und Schluss
*

Und die Moral von der Geschicht:
Schöner scheitern kann man nicht!

*
März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

0

Liane Fehler: Schattenengel – Shadeangel

für smt Schattenengel blau hast die Nacht getrunken flügelschwer flügellahm zu mir herab gesunken ...

by

Herz Hände Foto von J. Fehler

*Antwort – für smt

 
 
 
 

*

Schattenengel blau
hast die Nacht
getrunken
flügelschwer
flügellahm
zu mir herab
gesunken

Ich spürte längst
Deine Gegenwart
wie Du mir folgtest
auf meinen Wegen
Ich sah im Spiegel
Dich und mich
ein Herzschlag nur
ein Atem

Wir gingen gemeinsam
durch verbranntes Land
vorbei an Ruinen
an Feuerstellen
wir lagen beide
in Asche und Sand

Dich bei mir zu wissen
zur Zeitenwende
ein Glücksversprechen
ein Lebensfunke

wir teiln uns die Flügel
und Hand in Hand
schaun wir ins Morgen
und fliegen…
Fliegen dorthin!


Frühjahr 2012
Foto: J.Fehler

Aus der Anthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015 (ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

0

smt: Schattenengel – Der Beginn

Da stehst Du nun vor mir ganz still, hübsche Augen, so groß und weit. Schreck im Gesicht und Mitgefühl. Ich hauch´ Dir zu: Es tut mir leid, dass ich Dir vor die Füße fiel. Um Dich herum die Zeit verfließt, doch Du bist salzsäulenstarr. Dein tränenfeuchter Blick ergießt

by

**

Foto:quarknet.

*
Da stehst Du nun vor mir ganz still,
hübsche Augen, so groß und weit.
Schreck im Gesicht und Mitgefühl.
Ich hauch´ Dir zu: Es tut mir leid,
dass ich Dir vor die Füße fiel.

Um Dich herum die Zeit verfließt,
doch Du bist salzsäulenstarr.
Dein tränenfeuchter Blick ergießt
sich auf das, was einst Leben war
und vor Dir sein Dasein beschließt.

Ich weiß, es war ein Zufall nur,
keiner hörte den stillen Schrei.
Dennoch will ich glauben stur,
Du kamst allein für mich vorbei
Und folgtest meiner Seelenspur.

Du bist so unschuldig und rein,
wie Du vor Leben quillst,
hüll´ Dich mit meinem Geiste ein,
grad als Du gehen willst,
will nun Dein Schattenengel sein.

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

0

sibyll maschler: Unaufhaltsam

Du treibst zu formen nach deinem Bilde wie der Schmied das Silber Du treibst wie der Jäger mit seinen Hunden das Wild Du jagst bis zur Erschöpfung

by

Du treibst
zu formen
nach deinem Bilde
wie der Schmied das Silber
Du treibst
wie der Jäger
mit seinen Hunden
das Wild
Du jagst bis zur Erschöpfung
zum Fallstrick
lass nach
bitte
lass nach
es ist kein Spiel mehr
du bringst das Tier zu Fall
und wirst allein zurückbleiben
wenn die Hände leer
und das Blut getrocknet

*

2011

1 136 137 138 139