Vorwort des Gedankenwassers 153
Das letzte Glas Mosel an einem späten Sommer-Nachmittag, die Ausbeute noch einmal sichtend. Vom zweitausend Jahre alten und vor über 70 Jahren nachgedichteten bis zum frischen, mitten in die Redaktionsarbeit hereinge-sms-ten Text, Geschichten von einem fernen Krieg oder vielen Kämpfen mit sich, dem Alltag mit dem Älterwerden, Rückblicken und sehn-süchtigem Den-Kindern-Zuschauen, Landschaften und Jahreszeiten immer neu wahr-nehmen, Lebens-Reisen, Abschiede, von Träumen und Wünschen. Zeit-Geist auch, nicht tagesaktuell zu sein.
Heute vor 33 Jahren und etwas über einem Monat, an so einem Sommernachmittag, saßen im Garten meiner Eltern ein paar junge Leute und beschlossen einen Verein. Und wenig später an gleicher Stelle kam die Idee eines Heftes auf, dass uns verbinden sollte über die absehbaren Entfernungen hinweg. Manchmal bis ins Ausland.
Den Garten gibt es nicht mehr. Nach MGH und Bibliothek haben wir uns in die privaten Gärten, Villen, Wohnungen und auf Balkone zurückgezogen.
Die mit mir die Satzung schrieb, ist im letzten Jahr gestorben. Wie der, der „Lesen & Schreiben“ initiierte. Deren Kind ich damals schaukelte und wie meines aufzog, hat sich lang, nach dem wir uns getrennt haben, auch vom Verein getrennt. Aber das Kind der toten Freundin lebt nun bei ihr. Selbst, dass sie wieder zueinanderfanden, kam bei einem Gespräch über die „Eitlen Künstler“ zustande. Kreise schließen sich und laufen im offenen Wasser ins Weite. Und vielleicht kehrt die eine oder andere Welle auch irgendwann wieder zurück, wie manche noch nicht vergessenen Stimmen.
Bücher sind entstanden und noch im Entstehen.
Wir hatten uns keine Texte vorgenommen, die hatten wir dem Einzelnen überlassen. Aber wir hatten auf die Verbindung gehofft. Und auf Reflektionen. Und das leistet das GeWa immer noch – nach über 30 Jahren. Aus 6 z.T. handschriftlichen Seiten (Nr. 0) sind ca. 28 geworden.
Es hat wirklich Spaß gemacht, am Heft beteiligt zu sein. Wiedermal dachten wir, ach, die kriegen wir nie zusammen … erst beim Zusammenschieben wurde uns klar: Das wird ganz schön voll.
Was wäre erst drin, wenn wir ernster nähmen, was ich von einigen während meiner Fragen nach Texten gehört habe? – Mancher Text brauchte erst einen Anlass, auf- oder zu Ende geschrieben zu werden – ein Treffen, ein Heft, eine Lesung oder Anthologie … Pläne und Projekte. Auf die freue ich mich, mit euch. Lars Steger
Blickwinkel und Sprachwinkel
Anbei noch einige Eindrücke vom Sommerseminar 2023 im Skulpturengarten Hoppenwalde.
Fotos: Andreas Schrock. Weiterführende Links: www.skulpturengarten.net. Für externe Links können wir leider keine Verantwortung übernehmen.
Ach!
Wenn ich was mach
dann macht es Krach
und beim Stillesein
da penn‘ ich ein
so zwischen Raum
und Räumen
kann ich träumen
von sein und fein
von Stille und Wille
von Ach und Krach
und werd ich wach
dann denk ich
ach
Gerhard Jaeger, veröffentlicht in Gedankenwasser Nr. 152
Lebe
Nachruf –
auf einen uns Abhandengekommenen,
dem wir das „Lesen und Schreiben“ verdanken,
und die Erinnerung, dass jeder Mensch wichtig ist,
weil er lebt und erfährt
und erinnert wird …
Besonders in der Trauer ist es manchmal gut,
sich an das schon mal Gesagte zu erinnern:
die tiefere Wahrheit
heißt ganz einfach:
Lebe!
–
und im besten Fall
so, dass das Leben
einen Sinn hat.
–
für dich, für die Deinen,
für die, die an dich glauben,
für die, die dich brauchen,
ohne dich je zu kennen
für Hinnerk Einhorn
(1.3.1944 – 9.3.2023)
Lars Steger
Am Heller
Schwemmgut
Foto: Andreas Schrock, polnische Ostseeküste
Warum ich lebe
Frühmorgens schau ich nach den Kindern, die zur Schule gehen Die Katz umschleicht meine Beine, weil’s mich gibt Der Nachbar bringt die neuesten Berichte und Immer mal ein Kärtchen aus der Welt von Leuten Denen ich abhanden kam Klassik um drei und Bücher, die ich bislang mied Um fünfe pflückt ich vom Freigang die Karnickel Halb sieben flattern meine Spatzen in ihr Nachtquartier Der, den ich liebe, kocht für mich mit viel Gemüse Nachts wacht er, dass mein Atem geht Und wenn ich früh zum Pinkeln muß Seh ich das Sternenzelt samt Luftfracht Schönefeld Hinnerk Einhorn Aus: Hinnerk Einhorn, Und wenn ich schweige, brennt mein Herz, OsirisDruck Leipzig, 2019
Katrin H.
Lesen und Schreiben am 12. Juni
Liebe Eitle Künstler und Freunde der UnDichter,
ich möchte Euch für das nächste „Lesen und Schreiben“ zum Balkongespräch am Montag, dem 12. Juni 2023 ab 17 Uhr zu mir nach Hause nach Potsdam einladen. Früher kommen nützt gar nichts, da ich nicht viel eher aus der Schule zurück bin. Bitte meldet euch aber möglichst bis zum 9.Juni an!
Da Lesen und Schreiben (L&S) damit wieder am zweiten Montag im Monat stattfindet, ist der Abstand zum letzten L&S diesmal ein wenig geringer und alles nicht mehr weit hin.
Eine sonnige, kurzweilig poetische Zeit wünscht euch bis dahin,
Euer Lars Steger
(Rückfragen bitte unter buecherasyl-lars(a)gmx.de)