Categotry Archives: Zwischen den Zeiten 1990-2000

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Chronik 2003 – Anthologietitelbild: Zwischen den Zeiten 1990 – 2000

Titelbild der Anthologie : “Zwischen den Zeiten 1990-2000″; hrsg. von Eitel Kunst e.V., Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2) Hinweis: Dieser Artikel wird momentan auf der Startseite unseres Blogs gehalten, weil derzeit die Herausgabe einer neuen Anthologie vorbereitet wird, die an diese erste Anthologie literarisch anknüpfen will. Wer also die Entwicklung der einzelnen Autoren nachvollziehen möchte, kann sich mit beiden Ausgaben, die zusammen einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren umspannen, ein umfassendes Bild machen.

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anthologie

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Titelbild der Anthologie : “Zwischen den Zeiten 1990-2000″;
hrsg. von Eitel Kunst e.V.,
Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

Hinweis: Dieser Artikel wird momentan auf der Startseite unseres Blogs gehalten, weil derzeit die Herausgabe einer neuen Anthologie vorbereitet wird, die an diese erste Anthologie literarisch anknüpfen will. Wer also die Entwicklung der einzelnen Autoren nachvollziehen möchte, kann sich mit beiden Ausgaben, die zusammen einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren umspannen, ein umfassendes Bild machen.

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Lars Steger: der vierte der affen

der vierte der affen sieht hinter die kostüme, vorhänge, kulissen hört zwischen den sätzen das ungesagte sagt, was er erfuhr, ihm nahe stehenden und weist die schultern gen himmel auf die drei andern

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sieht
hinter die kostüme,
vorhänge, kulissen

hört
zwischen den sätzen
das ungesagte

sagt,
was er erfuhr,
ihm nahe stehenden

und weist
die schultern gen himmel
auf die drei andern

(aus: “Zwischen den Zeiten 1990-2000″ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V.,
Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

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Lars Steger: Fallada, da du tanztest

im Elsterjahr, tränenverhangen lächelnder Bovist in sonnenumspülten dunklen Zimmern durch die Läden kriechen die Bäume Gerüche und Gerüchte während die Wolkendecken lautlos aneinander vorbei dröhnen, wabern die Wichtigkeiten übers platte Land UnterhaltungsMarschMeldungenKlassik der immer zu frühe Abend das verkrallte Alleinsein im Arm ein brennender Hall euer sich halten wollendes Niederreißen ohne Aussicht, ohne Blick über Wiesen der Atem der Gräser käferversponnen Kinderlachen, Bienenstille zerweht im Rauschen des Grammophons kratz die Geschichte vom kleinen Mut aufs Papier vergißt nicht (beim Wiedersehen von Roland Gräfs "Fallada - letztes Kapitel") (aus: “Zwischen den Zeiten 1990-2000″ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V., Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

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im Elsterjahr, tränenverhangen
lächelnder Bovist
in sonnenumspülten dunklen Zimmern
durch die Läden
kriechen die Bäume
Gerüche und Gerüchte
während die Wolkendecken lautlos
aneinander vorbei dröhnen, wabern
die Wichtigkeiten übers platte Land
UnterhaltungsMarschMeldungenKlassik
der immer zu frühe Abend
das verkrallte Alleinsein
im Arm ein brennender Hall
euer sich halten wollendes Niederreißen
ohne Aussicht, ohne Blick
über Wiesen der Atem der Gräser
käferversponnen
Kinderlachen, Bienenstille
zerweht
im Rauschen des Grammophons
kratz die Geschichte vom kleinen Mut
aufs Papier
vergißt nicht

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(beim Wiedersehen von Roland Gräfs „Fallada – letztes Kapitel“)
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(aus: “Zwischen den Zeiten 1990-2000″ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V.,
Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

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Gerhard Jaeger: Fernweh

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und er erhob sich zu vermitteln
zwischen den Sprachen und den Dingen
Er redete über ein Land so,
daß manche sich erinnern konnten, auch
sie lebten irgendwo, aber
sie wußten nichts über die Berge, Seen, nichts
von der Schwere oder Leichtigkeit
der Vögel, die wie Lieder dahinflogen

sie spiegelten sich in gläsernen Wänden
Zahlenkolonnen marschierten durch ihre Gehirne
und schnitten sie in ungleiche Einsamkeiten
kristallene Leuchter auf den Häuptern
eine Schwere auch in der Brust

er erhob sich und sein Glas als
im roten Wein ein Sonnenstrahl zerbrach
da wußte er, daß aus diesem Bild
ihr Schweigen sprach

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(aus: “Zwischen den Zeiten 1990-2000″ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V.,
Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

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Gerhard Jaeger: Blaue Pferde

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abgeworfen sind die Träume
Schatten und Staub
irgendwo hausen sie
vor oder hinterm Fenster
ein leises Rufen geht
mit den Blicken über das Feld

im Morgenblau:
vielleicht
im Wirbel einer Wolke:
vielleicht
im Abschied oder zum Kampf, da

springt etwas, es galoppiert
mit blauen Pferden
und jeder weiß,
wenn der Sonne Strahlenschwerter blitzen,
daß ein edler Ritter fallen muß

dann wird sie aus mächtger Stille tönen
die ewige Melodie –
der Text ist einfach:

vielleicht

 

(aus: „Zwischen den Zeiten 1990-2000“ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V.,
Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)

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Chronik 2003 – „Eitel Kunst …“ – zwischen den Zeiten

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Dichten ist ein Einsames und häufig nach innen gerichtetes Unterfangen. Nicht jeder, der es ernsthaft und regelmäßig betreibt, ohne damit Brötchen, Bananen und Kaffee zu verdienen, mag sich unter die scheinbar Extrovertierten mischen. Die mit ihren brühwarmen Reimereien lautstark auf die Kaffeehaus-Lesebühnen drängen. Mancher möchte Meinungen zu seinen „sich auf dem Wege befindenden“ Texten hören, ohne gleich vor große Säle oder an Verlage herantreten zu müssen. In erster Linie an diese stilleren Schreiber wendet sich der „Eitel Kunst e.V. – eine Sammlung unDichter“.

In ihm haben sich im Sommer 1990 Gleichgesinnte zusammengefunden, die sich mindestens zweimal im Jahr zu einem mehrtägigen Seminar treffen und darüber hinaus persönlich oder über die Zeitschrift „gEDANKENwASSER“ Kontakt zueinander halten.

Die Gründungsmitglieder des EKeV kannten sich aus längst abgewickelten ostdeutschen Jugend-Zirkeln und Poetenseminaren. Mittlerweile sind sie und die hinzugekommenen unDichter unterschiedlichsten Alters und Berufs über viele Bundesländer verstreut.

Mit der Anerkennung als gemeinnütziger Verein und dem Hinzukommen neuer Mitglieder wurde die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt. Mehrere kleinere Anthologien und Programme entstanden. Lesungen, eine regelmäßige Literatur-Werkstatt, seit neuestem ein Schüler-Zirkel werden organisiert.

Ohne dass dabei das Typische des gemeinsamen Tuns verloren geht. Denn eine Ursache dafür, dass die „Eitlen Künstler“ trotz manchmal schwieriger organisatorischer Voraussetzungen einen so langen Atem bewiesen, ist die wahrscheinlich einmalige Diskussions-Athmosphäre: Objekt der kritischen Auseinandersetzung ist nur der konkrete Text, nie sein Schreiber als Person. Verbunden damit ist das Bemühen der Gesprächsteilnehmer, auf die unterschiedlichen Ansprüche an das Schreiben einzugehen. Diskussionsrunden, die den Anfänge Suchenden wie auch den beruflich mit Literatur Befassten ernst nehmen. Und Zeit für seinen Text. Zeichen solch offenen und vertrauensvollen Umgangs miteinander sind die Momente, in denen so mancher, der eigentlich selbst nichts vorstellen wollte, dann doch seine Texte aus der Tasche zog und „in die Runde warf“.

Eine Auswahl solcher Texte aus den Jahren 1990 bis 2000 liegt mit dieser Anthologie nun einer größeren Öffentlichkeit vor. Manche der hier Veröffentlichten sind Mitglieder des EkeV oder regelmäßige Gäste, andere wieder melden sich nur sporadisch. Unterschiedlichste Lebens- und Schreibansprüche, wie gemeinsame Themen und Sichtweisen, vor allem aber auch Veränderungen über diesen Zeitraum hinweg sollen deutlich werden. Die Wirren der Wende. Die lange, oft schmerzliche Suche nach dem Eigenen in der sich verändernden Umwelt. Und nach dem, was Heimat sein könnte. Das Wieder- und Neuentdecken von Themen, manchmal nach Jahren. Noch „nicht angekommen zu sein“, als eine Hoffnung.

 

Die Herausgeber

Dieser Text ist aus dem Nachwort der Anthologie.

(aus: „Zwischen den Zeiten 1990-2000“ (Anth.); hrsg. von Eitel Kunst e.V., Peter-Segler-Verlag, 2003, 2. Aufl., ISBN 978-3-931445-07-2)