Categotry Archives: sibyll maschler

0

Senta Annemarie Krumnauer-Lieb: Roter Mohn

Wie lange musste ich warten, auf Dich, du roter Mohn. Nun blühst du in meinem Garten, ein paar Tage schon. Ein zauberhaftes Leuchten umhüllt dein Blüten Kleid,

by

Mohnblumen-sibyll-maschler

*

*

Foto: sibyll maschler

*

Wie lange musste ich warten,
auf Dich, du roter Mohn.
Nun blühst du in meinem Garten,
ein paar Tage schon.

Ein zauberhaftes Leuchten
umhüllt dein Blüten Kleid,
so kannst du Herzen erreichen,
die noch zum Träumen bereit.


0

sibyll maschler: Letztlich im Kokon

Letztlich im Kokon er blieb anonym und unverbindlich flatterte ängstlich in der lichtlosen Kammer und fürchtete das Blau des Himmels den Flug in den Sommer er träumte ein Phönix zu sein

by

er blieb
anonym und unverbindlich
flatterte ängstlich
in der lichtlosen Kammer
und fürchtete
das Blau des Himmels
den Flug in den Sommer
er träumte
ein Phönix zu sein
dabei ging ihm der Atem aus
und die Farben der Blüten
verblassten auf seinen Flügeln
in der Furcht
vor dem Kescher
der längst zerbrochen
taumelte er zu Boden
ohne dass es jemand bemerkte
*
*
06.02.2007
0

sibyll maschler: Über die Gezeiten hinaus

Krebs und Muschel begegneten sich das erste Mal in einem flachen Priel, nachdem sie das ablandige Wasser dort zurückgelassen hatte. Sie teilten die Zeitspanne einer Ebbe miteinander, genauer gesagt ...

by

sibyll-maschler-DSCI4177

*

Krebs und Muschel begegneten sich das erste Mal in einem flachen Priel, nachdem sie das ablandige Wasser dort zurückgelassen hatte. Sie teilten die Zeitspanne einer Ebbe miteinander, genauer gesagt 12 Stunden und 24 Minuten. Beide waren noch jung. Die Muschel blieb überwiegend geschlossen und sorgte sich wegen des niedrigen Wasserstandes in der Senke. Außerdem konnte sie sich nicht ausreichend in den Sand eindrücken, weil unter ihr ein flacher Stein lag. Um sich abzulenken, lauschte sie den Grabungen der Wattwürmer und hörte die fernen Wellen des Meeres ebenso wie die Gedanken des Krebses. Dieser verharrte ziemlich dicht neben ihr. Er glaubte schon einiges über Muscheln zu wissen und war angetan von der Schönheit seiner Nachbarin. Die Form war von seltener Schlichtheit. Im warmen Sonnenlicht schimmerte das Perlmutt auf ganz wunderbare Weise. Je länger der Krebs das Farbenspiel beobachtete, desto mehr wünschte er auch einen Blick in das Innere der Muschel zu bekommen. Und wie würden die Schalenhälften wohl von der unteren Seite aussehen? Aber die Muschel öffnete sich nur selten kurzzeitig für wenige Millimeter. Sie schien abgelenkt und drehte sich kaum in seine Richtung. Je geringer der Muschelspalt, umso mehr verlangte der Krebs die Geschmeidigkeit der Muschel und die Anmut ihrer Bewegungen zu sehen. Leider trug der Wind ihre Stimme auch noch in eine andere Richtung, so dass er diese nur ahnen konnte. Er wollte sie so gern hören. Der Krebs vergaß darüber das Kreischen der Möwen und die sonst üblichen Schätzungen, ob die Wassermenge des Priels noch genügend Schutz bis zur nächsten Flut gewähren würde. Aber er hatte auch gar nicht vor, seine Position zu ändern. Er vernahm nicht einmal, dass das Wasser in der Ferne bereits wieder anstieg. Stattdessen suchte er nach Gemeinsamkeiten. Sie hatten beide eine harte Schale, sie konnten nicht wirklich schwimmen, sie trugen ihre Hoffnungen verborgen. Und sicher würde sich die Muschel, genauso wie er, an den Lichtbrechungen im Wasser freuen, bei Sturm mit dem Seetang spielen und in der Tiefe nach unvergleichlichen Mustern am Grunde suchen. Lediglich eine Reise am Rumpf eines Schiffes würde dem Krebs verwehrt bleiben. Da war auch schon die nächste Flut heran. Krebs und Muschel gerieten in unterschiedliche Strömungen. Lange wechselten Ebbe und Flut in gewohntem Gleichmaß immer und immer wieder. Der Krebs wuchs und überstand alle schutzlosen Zeiten, in denen der vorher abgestreifte Panzer stets viel zu langsam nachhärtete. Die Nachkommen befanden sich schon auf eigenem Terrain. Die Muschel musste derweil einige Blessuren auf ihrer Oberseite erdulden. Sie hatte in einer kleinen Kolonnie gelebt und Schutz in einer sanft umspülten Felsspalte gefunden. Aber auch dort gab es Unwetter und Angriffe scharfkantiger Vogelschnäbel, die dazu führten, dass sich die Muschel wieder öfter lange verschlossen hielt, so wie sie es häufig in ihrer Jugend getan hatte. Es nahte die Zeit, in der es nicht mehr genug Platz für alle am Felsen gab. Hätte jemand gefragt, ob die Muschel fortgespült worden sei oder sich selbst gelöst hatte, so wäre die Antwort nicht eindeutig ausgefallen.

In einer klaren Neumondnacht trafen sich Krebs und Muschel am Meeresgrund wieder. Erschrocken versuchte sich die Muschel in den Sand zu graben. Der Krebs lief versehentlich ein bisschen schräger als sonst. Aber er blieb. Beide erinnerten sich, dass sie einst gemeinsam in einem flachen Priel die nächste Hochtide erwartet hatten und der Krebs beharrlich an der Seite der Muschel geblieben war. Nun, dort in der Tiefe, war das Wasser klar und gleichmäßig ruhig. Tage und Nächte vergingen, der Mond nahm allmählich zu, als sie feststellten, dass ihre Stimmen einander glichen. Sie hörten sich über die Entfernung eines ganzen Korallenriffs, aber auch dann, wenn ihre Stimmen in verschiedene Richtungen strömten. Krebs und Muschel glitten auf den Obertönen der Wale. Mit ihnen begann die Zeit, die niemals festgeschrieben wurde und nicht messbar ist an den Gezeiten der hohen See.

sibyll maschler (Text und Foto) – Juni 2008

0

sibyll maschler: Frauengebet III

Komm über mich fließend nimm meinen Raum ganz ein wachse in mir und schenke dem Kelch voll ein

by

sibyll maschler Bild 158

**
*


*
Komm
über mich
fließend
nimm meinen Raum
ganz ein
wachse in mir
und schenke dem Kelch
voll ein

*
sibyll maschler (Text und Foto) – November 2008

0

sibyll maschler: Frauengebet II

Für alle Fälle lass mich sein an den Steilhängen und Abgründen Geländer Treppe oder Seil

by

Für alle Fälle

lass mich sein
an den Steilhängen
und Abgründen
Geländer Treppe
oder Seil*
*
Oktober 2008
0

sibyll maschler: Der Unterschied

Nicht nachgeben viel mehr einander die Hände entgegen strecken für den gemeinsamen Weg Hand in Hand

by

Nicht nachgeben
viel mehr
einander die Hände
entgegen strecken
für den gemeinsamen Weg
Hand in Hand

*
März 2012

2

sibyll maschler: Mädchenbilder

Mädchen strömen wie Düfte Fliederdoldengleich Mädchen wehen wie zarte Brisen und tragen ans Ufer Mädchen salzen die Haut wie das Meer sind Stürme und ruhige See

by

Mädchen strömen
wie Düfte
Fliederdoldengleich
Mädchen wehen
wie zarte Brisen
und tragen ans Ufer
Mädchen salzen die Haut
wie das Meer
sind Stürme und ruhige See
Mädchen steigen auf
wie Nebel zu den Wipfeln
oder sinken zu Boden
Mädchen breiten sich aus
in allen Farben
über den Hügeln
Mädchen nehmen auf und ein
manch schwerer Stunde
mit ins Tal
Mädchen fließen
zum Grunde
und sind Brücke darüber

Februar 2012

3

sibyll maschler: Haiku-Quartett

Komm im Überfluss präge ein Wasserzeichen ein in meine Haut Lass dich empfangen mein König im Überfluss bin ich dein Gefäß Lieg still heute Nacht und lass dich sanft kreuzigen an Mund und Lenden Öffne die Pforten sei immer wieder Neuland und komm wie Regen

by

Komm im Überfluss
präge ein Wasserzeichen
ein in meine Haut
*
Lass dich empfangen
mein König im Überfluss
bin ich dein Gefäß
*
Lieg still heute Nacht
und lass dich sanft kreuzigen
an Mund und Lenden
*
Öffne die Pforten
sei immer wieder Neuland
und komm wie Regen

0

sibyll maschler: Haikus Engelsgleich leuchtend …

Engelsgleich leuchtend zwischen Himmel und Erde Milchstraßenkinder Halb Mond halb Sonne fließt Licht am Tag und des nachts durch ihre Körper

by

Engelsgleich leuchtend
zwischen Himmel und Erde
Milchstraßenkinder
*
Halb Mond halb Sonne
fließt Licht am Tag und des nachts
durch ihre Körper
*
Wie fallender Schnee
Du und ich leuchtend und leis´
Berührung im Flug
*
Du, Vater unser
lass dich ins Gebet nehmen
damit ich nicht schrei

1 5 6 7