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Eine unerwartete Wendung – Abschied von der Eule – Vielleicht nicht für immer?

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Liebe Freunde, eine sehr positive Entwicklung ist abzusehen. Es erreichte die Redaktion ein Schreiben von der Holding, die uns unserer Eulen quasi beraubt hat. Die Proteste waren nicht vergebens, denn unsere Chancen stehen gut, die Eule wieder zu bekommen. Die Holding, die einen massiven Imageschaden befürchtet hat und hier aus rechtlichen Gründen namentlich noch nicht genannt werden darf, hat sich aus der Affäre gezogen. Die Rechte der Eulen wurden verkauft an die GmbH ­Erster April. Die Firmenanwälte haben uns signalisiert, „man wolle jetzt einlenken“.

Um uns bei den Verhandlungen zu unterstützen, könnten unsere Eulen einen „Candystorm“ gut gebrauchen. Also, wenn ihr sie vermisst haben solltet schreibt uns bis die Tastatur glüht. Wir bleiben dran. 😉

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Chronik: Liebe Eitle Künstler und Freunde der UnDichter,

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Nun wird das neue „Gedankenwasser“ (kurz GeWa) von Gerhard und Lars für uns fertig gestellt. Vielen Dank an alle, die mit  ihren Texten, Fotos oder anderen Beiträgen immer wieder zum Gelingen unseres Vereinsheftes beitragen!

Wer diesmal den Redaktionsschluss knapp verpasst hat und gern ein Feedback zu neuen Texten hören möchte, bringt bitte die neuen „Werke“ zu unserem Frühjahrsseminar: 19.4.-21.4. im Atelier Nottekunst ­Zossen-Waldstadt , die auch als Bücher- & Bunkerstadt bekannt geworden ist, mit. Wir freuen uns schon darauf.

Aufgrund von Nachfragen an die Onlineredaktion hier noch ein Veranstaltungshinweis:
Quilts von Doris Bemme, über die hier schon berichtet wurde, sind in einer Ausstellung des Mehrgenerationen Hauses, kurz ­MGH, in 15745 Königs Wusterhausen zu sehen und warten darauf entdeckt zu werden.
Liane Fehler Onlineredaktion

*** Aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015 – Andreas Schrock: Busbahnhof Sewastopol

Dämmerung.

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Wie ein Greifvogel fällt die Dämmerung
in die awtozanzija, über Männer mit
leeren Kartoffelsäcken, über Mädchen
mit Handtaschen, über das Kind.

Da hinein fällt die Dämmerung, fällt das Licht
des Linienbusses, spärlich, ins Donezkbecken
fährt er, gut tausend Kilometer, budjet, budjet.

Auf den letzten Plätzen sitzen wir,
dein Gesicht, deine großen Augen
gegen den dunklen Himmel. Nach
Jalta oder weiter nach Donezk
fliegen unsere Gedanken dem
Busfahrer voraus.Die deschurnaja
ist jung, eine djewotschka, die
durchzählt mit klarem Blick.

Voraus fliegen unsere Wünsche, ein Bus
voll Erwartung, schweigend, schaukelt
die Küstenstraße, Kurve um Kurve
am Mittelstreifen entlang.

Der Mond scheint wie eine
halbierte Melone, hängt
unwirklich, ungelenk, nichts
voreilige festlegend,
purzeln die Worte,

geht die Fahrt ins
offene Land.

Andreas Schrock: Wie soll ich es sagen

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In der Kaufhalle sind sie so nett. Nicht nur die Kassiererin, nein, auch die Kunden. Das sind ja alles meine Nachbarn. Die kommen jeden Tag. Die grüßen mich und ich grüße zurück. Ich winke ihnen zu, wie ein Seemann auf Landgang, zwischen den Regalen. Rolling home.

Das Kirchenschiff ist gewaltig. Und schweigt. Ich bin nicht wichtig.
W a s  w i l l s t  d u , flüstert mir eine Stimme zu. Sie formt sich im Raum, hoch oben, unter der getäfelten Decke.

In der Kaufhalle ist Leben. Fröhliche Rollatorwelt. Vormittags kommen sie, sie bugsieren sich geschickt Richtung  Wursttheke, forsch: 150 bitte, von der da. Darf`s ein bisschen mehr sein? Sie sind so freundlich. Alle. Selbst der Kassierer, der das Geld nimmt. Der hat’s ja auch nicht leicht.

W a s  w i l  l s t  d u  d e n n, flüstert wieder die Stimme. Ich lebe vorbei. spreche ich auf meiner leeren Kirchenbank vor mich hin. An irgend etwas vorbei, verstehst du? Dieses Schweigen, das dann folgt. Vor dem Kirchenfenster geht etwas vorüber. Ein Schatten, vielleicht ein Vorschatten. Gibt es so etwas?

Ich bin ein Seemann, der durch die Regale schwankt. Ich summe vor mich hin. Ich segle über die Packungen, die bunte Werbung. Die können mir viel erzählen. Ha, ich habe schon eine Menge Regale gesehen. Vorn an der Kasse steht eine Stiege Rentnerbrause: 0,2er Fläschchen Sekt, gut auch zum Mittag, um den Kreislauf anzukurbeln.

Ich lege mich auf die Kirchenbank, schaue nach oben, an die getäfelte Decke. Wenn jetzt der Küster kommt, holt er einen Notarzt. Ich lebe nicht vorbei, ich gleite vorbei. Oder besser: ich gleite am Eigentlichen entlang, wie an einem Pergamentpapier. Da ist die Stimme wieder: S c  h r e i b  e i n e   G e s c h i c h t e, flüstert sie. Aber was soll ich denn schreiben? Das Transzendente schweigt. Wenn es wenigstens rascheln würde.

In der Kaufhalle drehe ich jetzt die zweite Runde. Jedes Ding in meinem Wagen ist eine Story. Ich hab einen Wagen voller Geschichten, Leute. Guckt mal, die Wurstmischer, die Lohnarbeiter, die Werbetexter, die Brummi-Fahrer. Wow. Lauter kleine Geschichten, vom schönen Kapitalismus.

O Gott, lass mich nicht mutlos werden. Also: woran lebe ich vorbei? Ich bemühe mein Gedächtnis. Das Kind in mir findet etwas. Es bricht durch eine Hecke: Mutti, Mutti, guck mal! Ich bin immer noch allein in der Kirche. Ich lege meine Hände auf die Ablage der Kirchenbank. Holz. Richtig altes Holz.

Ich glaub, ich bin besoffen, dritte Runde, da hinten kommen die Wasserflaschen in Sicht. Die gefallen mir am besten, die erzählen nämlich Geschichten über mich: Kalziumgehalt, Natriumgehalt, Flouride, Chloride, Bromide…dat ist für’s Gleichgewicht. Links die Basen, rechts die Säuren. Backbord und Steuerbord, das Schiff schwankt manchmal ganz schön.
Immanenz und Transzendenz, die Innen- und
Außenseite der Welt. Volkstümlich und gerne missverstanden: Diesseits und Jenseits. Ich wiege die Wortpaare auf der Zunge hin und her. Ich richte mich auf. Zum ersten Mal blicke ich mich um im Kirchenschiff. Da hängen zwei Christusse. Das ist ein Unding, es gibt keine zwei Christusse. Aber sie hängen beide da, jeder an seinem Kreuz. Der an der einen Wand hängt, hat den Mund halb geöffnet. Er trägt schwer an seiner Dornenkrone. Der leidet. Der Christus an der anderen Wand hat den Mund geschlossen, die Gesichtszüge sind entspannt. Der ist schon tot.

Vierte Runde. Ich hab wieder ein paar Nachbarn getroffen. Und einen Klassenkameraden. In meinem Kopf summt Nena: „Lass mich dein Pirat sein…“ So ein Freibeuter hat schon was. Ich könnte meinen vollen Wagen wieder auspacken. Und dabei gleich die Regale umsortieren. Ein bisschen Abwechslung in’s Sortiment bringen. Der Punkt ist nur: wer soll das verstehen.

I c h  w e i ß  e s, rufe ich der Stimme im Kirchenschiff zu. Der Schatten vor dem Fenster soll hereinbrechen. Das Pergamentpapier soll zerreißen. Die Transzendenz raschelt nicht. Sie flüstert auch nicht. Sie kommt mit einem Knall. Das Unsichtbare, das sichtbar wird, ist immer ein Störfaktor. Das ist die Geschichte. Der Punkt ist nur: wer soll sie je verstehen.
Mühlberg/ Elbe, 2./3. Mai 2012

Anregung durch: „Examination oder: Wie soll ich es sagen“ von Manuela Gerlach

judas, ich, am morgen

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wenn wir die straße verlassen
das dorf, die gärten, häuser
hinter uns der kirchturm,
das frühläuten über
der wiese, dem bach

wenn du mir folgst
bedingungslos
und ich dir oder
meiner idee von dir

ohne zu fragen
ohne zu sagen

wie rauschhaft ich
deinen blick spüre,
von der seite, dann

sind wir täter, endlich
und verräter
an der nacht
und ihren bitten

krieger und sieger wir

fragen
später

Andreas Schrock, Kirnitzschtal 2004

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