Categotry Archives: SMT

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smt: Seh(n)süchtig

Vierecke – magisch – bestimmen mein Sein, lassen mich sehen und sperren mich doch ein, machen mich ängstlich, einsam und klein. Vierecke lassen mich die ganze Welt sehen, mit meinen Gedanken auf Reisen gehen, doch den Körper in Gefangenschaft vergehen. Vierecke lassen mich die Sinne begießen, betäubte Sinne aus mir heraus fließen, mein Ich dahinter im Dunkeln verschließen.

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Vierecke – magisch – bestimmen mein Sein,
lassen mich sehen und sperren mich doch ein,
machen mich ängstlich, einsam und klein.

Vierecke lassen mich die ganze Welt sehen,
mit meinen Gedanken auf Reisen gehen,
doch den Körper in Gefangenschaft vergehen.

Vierecke lassen mich die Sinne begießen,
betäubte Sinne aus mir heraus fließen,
mein Ich dahinter im Dunkeln verschließen.

Vierecke, versperrt mit Holz und Scheiben,
zerbrechliches Glas zwingt mich, drinnen zu bleiben,
dem Stillstand statt dem Leben zu verschreiben.

Vierecke, vor denen ich sitze und stehe,
hinter denen ich Licht und Freiheit sehe,
durch die ich doch nicht aufs Leben zu gehe.

Vierecke, die mir Freiheit vorspiegeln,
mein Herz und meine Gefühle aufwiegeln,
doch Seele und Verstand versiegeln.

Vierecke lassen mich immer einsamer sein,
und statt mich von ihnen zu befrei´n,
starre ich mich in den Abgrund hinein.

Ja. Die Vierecke lassen mich vieles sehen,
doch halfen sie mir nie zu verstehen,
dass es wichtig ist, sie zu hintergehen,
um im wahren Leben zu bestehen.

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Heimat – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Heimat, das ist Melodie, klingt in meinem Herzen. Heimat steckt tief drin im Kopf, sentimentale Schmerzen. Heimat ist Erinnerung, bittersüße Zeit.

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Heimat, das ist Melodie,
klingt in meinem Herzen.
Heimat steckt tief drin im Kopf,
sentimentale Schmerzen.
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Heimat ist Erinnerung,
bittersüße Zeit.
Heimat seufzt ein Klagelied
der Vergangenheit

Doch:
Heimat ist nicht nur ein Ort,
Heimat heißt Gefühl.
Heimat kann die Fremde sein,
wenn ich dort sein will.

Heimat ist auch Blick nach vorn,
morgen fahr´ ich fort.
Gib mir ein paar Jahre Zeit,
dann ist Heimat dort.

März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Die letzte Nacht

Und wieder kann ich nicht schlafen. Seit Tagen geht das schon so. Der Tinnitus pfeift in meinen Ohren, und die zu kleine Decke sorgt für kalte Füße. Als ich mich auf die andere Seite drehe, quietschst du leise. Vorsichtig kuschele ich mich an Dich und denke zurück. Wie lange ist es jetzt her - zwölf Jahre? Ein Wunder, dass du mich so lange ertragen hast. Sacht streichen meine Finger über deine kleinen Falten. Ja, wir werden alle nicht jünger. Ich habe an Umfang und Gewicht zugelegt und du eben … - nun, es ist, wie es ist.

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Und wieder kann ich nicht schlafen. Seit Tagen geht das schon so. Der Tinnitus pfeift in meinen Ohren, und die zu kleine Decke sorgt für kalte Füße. Als ich mich auf die andere Seite drehe, quietschst du leise. Vorsichtig kuschele ich mich an Dich und denke zurück. Wie lange ist es jetzt her – zwölf Jahre? Ein Wunder, dass du mich so lange ertragen hast. Sacht streichen meine Finger über deine kleinen Falten. Ja, wir werden alle nicht jünger. Ich habe an Umfang und Gewicht zugelegt und du eben … – nun, es ist, wie es ist.

Damals war es Liebe auf den ersten Blick. Ich plünderte für dich mein Konto und schon zwei Wochen später kamst du in meine erste eigene Wohnung, in die ich erst kurz zuvor eingezogen war. Es waren glückliche Jahre, aber mit der Zeit wurde es anstrengend. Anfangs botest du mir Halt und wachtest über meinen oft unruhigen Schlaf. Still nahmst du es hin, wenn ich mich erst spät in der Nacht hinlegte und nicht vor dem Mittag wieder aufstand. Doch unbewusst hast du mich immer deine Härte und  Unnachgiebigkeit spüren lassen – und so nahm ich schließlich doch immer wieder den Kampf mit dem Alltag auf. Doch dann ließ diese belebende Spannung nach. Du wurdest immer nachgiebiger und ich hatte das Gefühl, in deiner Weichheit zu versinken, nicht mehr hochzukommen, ja fast zu ersticken. Irgendwann wurde mir klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Es gab keine gemeinsame Zukunft für uns.

Weil ich wusste, dass du das anders sehen würdest, ließ ich mir Zeit bei der Suche nach etwas neuem – aber irgendwann war es so weit. Es passierte in einem großen Einkaufspark. Wie damals bei dir, verliebte ich mich sofort. Dennoch zögerte ich vor dem entscheidenden Schritt. Mir war klar, es ist die richtige Entscheidung, aber nicht jedem fällt es leicht, Gewohntes aufzugeben. Vielleicht liege ich deshalb gerade noch immer wach da, während du in dir ruhst. Ich wollte keinen langen Abschied und habe mich deshalb für die schnelle, schmerzhafte Variante entschieden. Du weißt noch nicht, dass
dies unsere letzte gemeinsame Nacht sein wird. Ich habe keine großen Vorbereitungen getroffen, es erschien mir sowieso unvermeidlich, dass ihr euch kurz begegnen werdet.

Mir ist klar, wie unwahrscheinlich es ist, dass dich nach mir noch jemand nimmt. Sie haben mir zugesagt, dich abzuholen, aber wo sie dich hinbringen werden – ich weiß es nicht. Und auch wenn du keine Zukunft hast – für mich wird es eine Erleichterung, ein Neuanfang sein. Mit diesem Gedanken schlafe ich doch noch kurz ein. Als ich am Morgen aufstehe und meinen schmerzenden Rücken spüre, bin ich mir endgültig sicher: Sie war richtig – die Entscheidung für ein neues Bett.

Der Text wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Schöner scheitern

Ach, wie ist das Scheitern schön, ich mag mich so gern scheitern seh´n. Scheitern macht mich so passiv, ich suhle mich im Stimmungstief. Foto: "Küstrin an der Oder, nach der Zerstörung 1945 A21Glocke"

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Ach, wie ist das Scheitern schön,
ich mag mich so gern scheitern seh´n.
Scheitern macht mich so passiv,
ich suhle mich im Stimmungstief.
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Die Wanne voller Selbstmitleid
steht zum Bad für mich bereit.
Tief ins Scheitern eingesunken
fühl´ ich mich ganz freudetrunken.
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Genießend dieses süße Gift
bin ich vom Schmerz total bekifft,
setz´ mit den goldnen Scheitern-Schuss,
stell´ mich ins Fenster – Sprung und Schluss
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Und die Moral von der Geschicht:
Schöner scheitern kann man nicht!

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März 2012

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Schattenengel – Der Beginn

Da stehst Du nun vor mir ganz still, hübsche Augen, so groß und weit. Schreck im Gesicht und Mitgefühl. Ich hauch´ Dir zu: Es tut mir leid, dass ich Dir vor die Füße fiel. Um Dich herum die Zeit verfließt, doch Du bist salzsäulenstarr. Dein tränenfeuchter Blick ergießt

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Foto:quarknet.

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Da stehst Du nun vor mir ganz still,
hübsche Augen, so groß und weit.
Schreck im Gesicht und Mitgefühl.
Ich hauch´ Dir zu: Es tut mir leid,
dass ich Dir vor die Füße fiel.

Um Dich herum die Zeit verfließt,
doch Du bist salzsäulenstarr.
Dein tränenfeuchter Blick ergießt
sich auf das, was einst Leben war
und vor Dir sein Dasein beschließt.

Ich weiß, es war ein Zufall nur,
keiner hörte den stillen Schrei.
Dennoch will ich glauben stur,
Du kamst allein für mich vorbei
Und folgtest meiner Seelenspur.

Du bist so unschuldig und rein,
wie Du vor Leben quillst,
hüll´ Dich mit meinem Geiste ein,
grad als Du gehen willst,
will nun Dein Schattenengel sein.

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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smt: Lass´ es raus!

Ist es nicht schön, hier draußen im Sturm zu steh´n, der Welt ins wahre, verborgene Gesicht zu seh´n. Du siehst fasziniert, wie die Natur sich duckt, menschgemachter Lärm wird vom Wind verschluckt. Da ist ein Gefühl, gefangen, doch frei zu sein, umfangen, gezogen, nicht einsam, doch allein. Du überlegst kurz: Will ich standhaft bleiben oder kehre ich um und lass mich treiben? Die Wahl zu kämpfen oder nachzugeben,

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Ist es nicht schön, hier draußen im Sturm zu steh´n,
der Welt ins wahre, verbogene Gesicht zu seh´n.

Du siehst fasziniert, wie die Natur sich duckt,
menschgemachter Lärm wird vom Wind verschluckt.
Da ist ein Gefühl, gefangen, doch frei zu sein,
umfangen, gezogen, nicht einsam, doch allein.

Du überlegst kurz: Will ich standhaft bleiben
oder kehre ich um und lass mich treiben?
Die Wahl zu kämpfen oder nachzugeben,
die Entscheidung zu streben oder dahinzuleben.

Du hast das Gefühl: JETZT! – könnte ich fliegen,
doch NEIN, gleich werd´ ich am Boden liegen.

Plötzlich verwischt sich der Unterschied
zwischen stürmischer Welt und wogendem Gemüt.
Du fühlst, vom Tosen betäubt und benommen,
ist der Sturm von draußen in Dir angekommen.

Auf einmal: Ein Lichtstrahl am Horizont,
dort, wo in der Ferne die Hoffnung wohnt.
Du denkst: Entscheide jetzt, sonst ist es zu spät,
wird die letzte Gelegenheit vom Wind verweht.

Schon zögert der Sturm, will sich langsam legen,
nicht länger klagend Mensch und Natur bewegen.
Endlich öffnest Du den Mund und heulst mit dem Wind,
schreist, lachst, jubelst, tobst herum wie ein Kind.

Dann ist das Tosen vorbei, der wilde Sturm erstorben.
Mensch! Fast hättest Du Dir den Spaß verdorben!

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