Categotry Archives: Lyrik von Gerhard Jaeger

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Gerhard Jaeger: Solo

vor den Städten vor den Türmen vor den Laubenkolonien vor der Vorortbahn liegt in einer Moorlinse liegt auf den Gleisen liegt in schwarzen Wäldern liegt im Schnee groß das Wesen Einsamkeit groß das Wesen Öde bläulich bebende Ahnung bläulich schlummernde Unruhe wehe wenn Winde wehen sie treiben die Wesen von der Vorortbahn von den Lauben auf die Städte auf die Türme da blasen sie da blasen sie traurig da blasen sie traurige Solis bis alle Singles tanzen

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vor den Städten
vor den Türmen
vor den Laubenkolonien
vor der Vorortbahn

liegt in einer Moorlinse
liegt auf den Gleisen
liegt in schwarzen Wäldern
liegt im Schnee

groß das Wesen Einsamkeit
groß das Wesen Öde
bläulich bebende Ahnung
bläulich        schlummernde
Unruhe

wehe wenn Winde wehen
sie treiben die Wesen

von der Vorortbahn
von den Lauben

auf die Städte
auf die Türme

da blasen sie
da blasen sie traurig
da blasen sie traurige Solis

bis alle Singles tanzen

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Gerhard Jaeger: Es war einmal

Es war einmal abends legt sich das Jahr in den nassen Schnee etwas blau leuchtet im Schwarz über den Dächern und macht es zitternd als überfiele es das Erinnern als hätte es einen letzten Wunsch noch als wolle es etwas senden diesen Rest an Hoffnung dieses Erlöst sein von dem Übel dieses dennoch, das funkelnd steht im Glanz der Sterne diese Sehnsucht, die dem Kommenden entgegen eilt auf frosthartem Wege am Hacken die Zweifel die ihm raten: Tritt ab und leiste Verzicht - gutes altes Jahr zwischen Erde und Himmel atmet so frisch der Wind dorthin wispern die Gräser daher rauschen die Tannen: Wir spüren schon das Neue und es bringt etwas was aber kann das sein I am looking for ward to... ruft vom kahlen Ast die Krähe sie ist zurückgekehrt aus England ja, ja sagt das alte Jahr ich gehe

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abends legt sich das Jahr
in den nassen Schnee

etwas blau
leuchtet im Schwarz
über den Dächern
und macht es zitternd

als überfiele es das Erinnern
als hätte es einen letzten Wunsch noch
als wolle es etwas senden

diesen Rest an Hoffnung
dieses Erlöst sein von dem Übel
dieses dennoch, das funkelnd steht
im Glanz der Sterne
diese Sehnsucht,
die dem Kommenden
entgegen eilt

auf frosthartem Wege
am Hacken die Zweifel
die ihm raten: Tritt ab und
leiste Verzicht –

gutes altes Jahr

zwischen Erde und Himmel
atmet so frisch der Wind
dorthin wispern die Gräser
daher rauschen die Tannen:

Wir spüren schon das Neue und
es bringt etwas
was aber kann das sein

I am looking for ward to…

ruft  vom kahlen Ast die Krähe
sie ist zurückgekehrt aus England

ja, ja sagt das alte Jahr
ich gehe

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Gerhard Jaeger: Draußen

sitzen uff’n Bier beim Kutschersteak und ‘nen Hut oben druff wegen Sonne, weil die Haare und weil und weil Mensch warum immer angeben die Gründe für wat

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sitzen uff’n Bier
beim Kutschersteak und
‘nen Hut oben druff
wegen Sonne, weil die Haare
und weil und weil Mensch
warum immer angeben
die Gründe
für wat

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Gerhard Jaeger: Im Chaos der Zeichen bist du das Zentrum

Im Chaos der Zeichen bist du das Zentrum über südliche Meere pilgert der Herbst laubbunte Wasser laufen gegen rostige Klippen, morgens oder abends, wenn Dunkelheiten zu rasch dich bedecken senden Agaven mit seltsamen Antennen Funksprüche über das Felsplateau Schwärze, die du kennst Finsternis, die dich umbettet die Terrassen kühlen aus, ratlos blickst du hinauf ins Chaos sternener Zeichen, deren Sinn dir abhanden kam langsam beginnt es, das Universum fängt an zu kreisen allein um dich

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Im Chaos der Zeichen
bist du das Zentrum
über südliche Meere
pilgert der Herbst
laubbunte Wasser
laufen gegen rostige Klippen,
morgens oder abends,
wenn Dunkelheiten zu rasch
dich bedecken

senden Agaven
mit seltsamen Antennen
Funksprüche über das Felsplateau

Schwärze, die du kennst
Finsternis, die dich umbettet

die Terrassen kühlen aus,
ratlos blickst du hinauf
ins Chaos sternener Zeichen,
deren Sinn dir abhanden kam

langsam beginnt es, das Universum
fängt an zu kreisen

allein um dich

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Gerhard Jaeger (Text und Foto): Diese Frau

. . . . . . . . .. Diese Frau mit dem Gesicht das so alt ist, doch sehe ich genauer hin springt es auf das Mädchen flüstert der Wind bist du das Gras bin ich ich streichle dich

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Diese Frau
mit dem Gesicht
das so alt ist,
doch sehe ich
genauer hin
springt es auf

das Mädchen
flüstert
der Wind
bist du
das Gras
bin ich

ich streichle
dich

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Gerhard Jaeger: Donegal

. . . . . . . . . . Donegal Grasschafe das Ich - Land im Regenpelz, Nebel das Land ein Weg, ich zwischen Stein oder Felsen, ich Wasser, fließe mit, Zeit Düfte schäumen im Torfdunkel, ich schwebe am Atlantik, Geliebter, weite dich abends beim schwarzen Bier im Rausch der rothaarigen Nächte, im Fiddeltanz, du und ich ein Trommelwirbel, Silberklang der Hirtenflöte, am morgen wandern wir dem herabfallenden Himmel zu

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Grasschafe
das Ich – Land im Regenpelz, Nebel
das Land ein Weg, ich
zwischen Stein oder Felsen, ich
Wasser, fließe mit, Zeit
Düfte schäumen
im Torfdunkel, ich
schwebe am Atlantik, Geliebter,
weite dich abends
beim schwarzen Bier im Rausch
der rothaarigen Nächte, im
Fiddeltanz, du und ich
ein Trommelwirbel, Silberklang
der Hirtenflöte, am morgen
wandern wir dem
herabfallenden Himmel
zu

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Gerhard Jaeger (Text und Foto): Denn der Morgen

. . . . . . . . . . Denn der Morgen trommelt gegen das Dunkel an Ausgeruhtheit mit Kühle auf der Haut dieser Frische, die Maigrün angeträumt ach drängen seine Hieben nicht ein in meine Stille, die lag im Haus beim Mut der sich erhebt gegen den Rufer: Du musst! Lauter tönen seine Hiebe nun fliehen meine Elfen und Freier Schmecken dir die Marmeladenbrote fragst du Ein Dickicht schließt sich unterm Bogen Licht

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trommelt  gegen das Dunkel
an Ausgeruhtheit mit
Kühle auf der Haut
dieser Frische, die
Maigrün angeträumt

ach drängen seine Hiebe
nicht ein in meine Stille,
die lag im Haus beim Mut
der sich erhebt
gegen den Rufer:
Du musst!

Lauter tönen seine Hiebe
nun fliehen meine Elfen und Freier

Schmecken dir die Marmeladenbrote
fragst du

Ein  Dickicht schließt sich
unterm Bogen Licht

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Gerhard Jaeger: Bilanz vorm Kaffee Edelweiß

(Abschied 12/91 ) Zu Hause im Edelweiß, Heimatgefilde, die Lieblingskneipe ist abgewickelt, warum? Haben wir zu wenig getrunken Spitzel, Aktivisten, anonymen Freunde, all die Kämpfer, wo werden wir uns wiedersehen, an den Tischen im Qualm nicht, verraucht das Stück, der Stand - oder Sitzpunkt mit Blick zum Fenster hinter dem die Stadt Gesicht zeigt, das Land, irgendwann draußen, vor der Tür immer, immer im Winter, mit Frost, der die Kragen aufrichtet, starr am lieben, verhassten Ort Fäuste geballt dünner die Schalen der Krieger die heimwärts wollen, fremdgefroren in verlorenen Schlachten welch eine Ankunft vor der verschlossenen Tür

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Bilanz vorm Kaffee Edelweiß

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(Abschied 12/91 )

Zu Hause im Edelweiß,
Heimatgefilde, die Lieblingskneipe
ist abgewickelt, warum?
Haben wir zu wenig getrunken
Spitzel, Aktivisten, anonymen Freunde,
all die Kämpfer,
wo werden wir uns wiedersehen,
an den Tischen im Qualm nicht,
verraucht das Stück,
der Stand – oder Sitzpunkt
mit Blick zum Fenster
hinter dem die Stadt
Gesicht zeigt,
das Land, irgendwann

draußen, vor der Tür
immer, immer im Winter,
mit Frost, der die Kragen aufrichtet,
starr am lieben, verhassten Ort
Fäuste geballt
dünner die Schalen der Krieger
die heimwärts wollen, fremdgefroren
in verlorenen Schlachten

welch eine Ankunft
vor der verschlossenen Tür

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Gerhard Jaeger (Text und Foto): Anstoß

. . . .. . . . . . . Sich sammeln ein, zwei, drei Monate kein Wort sprachlos keinesfalls aber schweigsam doch nicht ausdruckslos fast wie der Frosch jener plumpe, grünflinke der am Ufer bloß gluckt nicht hüpft, nur so guckt und tonlos redet mit dem Fisch den ich bislang nicht verstand so wie die auf Insekten warten brauche auch ich den Anstoß um zu springen schwimmen in den Redefluss

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Sich sammeln
ein, zwei, drei

Monate
kein Wort

sprachlos keinesfalls
aber schweigsam
doch nicht
ausdruckslos

fast wie der  Frosch
jener plumpe, grünflinke
der am Ufer bloß
gluckt nicht hüpft,
nur so guckt

und tonlos redet
mit dem Fisch
den ich bislang
nicht verstand

so wie die
auf Insekten warten
brauche auch ich
den Anstoß
um zu springen
schwimmen
in den Redefluss

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Gerhard Jaeger: Bilder ziehen

. . . . . . . . . . Bilder ziehen durch Traumnebel tief Wasser quillt aus dem Boden Landschaft, von Jahreszeiten durchsprungen, verweht Wind, verstehst du was Bilder so groß macht dass sie in Worte nicht passen, nicht wandelbar, um ihnen lebendig Gestalt zu leihen

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"Bilder ziehen" ein Foto von Gerhard Jaeger

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Bilder ziehen

durch Traumnebel
tief

Wasser
quillt aus dem Boden
Landschaft,
von Jahreszeiten
durchsprungen, verweht
Wind, verstehst du

was Bilder so groß macht

dass sie in Worte
nicht passen,
nicht wandelbar,
um ihnen lebendig
Gestalt zu leihen

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