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Nun ist es also soweit: es geht nicht mehr ohne diesen idiotischen Rollator! Wie ich dieses Ding hasse. Sperrig, unförmig, demütigend. Wie lange mag ein normaler Mensch brauchen, um sich an ein solches Ungetüm zu gewöhnen? Eigentlich  will ich das auch gar nicht  – “ daran gewöhnen“ ! Nie im Leben!!!
Wie die Leute auf der Strasse gucken, wie sie solche armen Kreaturen wie mich bemitleiden, wie sie „rücksichtsvoll“ einen großen Bogen um mich machen  und mir doch mit jeder ihrer Gesten zu verstehen geben, dass ich nicht mehr zu ihnen gehöre – zur Mehrheit der Rollator- losen. Da hilft nur eins : Eine neue Mehrheit organisieren!

Leute aus der Nachbarschaft mobilisieren, nur noch gemeinsam und demonstrativ Rollator – Trupps zum Einkaufen zu bilden. Ganze Formationen müssen es sein. Schließlich sind wir auch wer! Aber vielleicht bleibe ich doch lieber Einzelkämpfer? Bin ja ohnehin schon 80 Jahre lang ein Individualist.

Ich werde meinen Rollator umgestalten, z. B. verhängen. So wie Christo und Jeanne-Claude den Reichstag – nur im Kleinformat. Da kann doch schließlich niemand etwas dagegen haben. Ich könnte ihn auch mit Blumen schmücken: alle Leute würden sich freuen  und  „ach“ oder „och“ oder so sagen.  So  komme ich ins Gespräch. Vielleicht werde ich sogar als Rollator- Aktivistin zum Bürgermeister eingeladen? Und was, wenn ich so etwas wie politische Losungen an meinen Rollator hefte, z.B. “ Rollatorwege in die Bahnhofstraße !!!“

Ich kann auch gegen Fluglärm protestieren, der nach neuesten Meldungen auch den Norden KWs betreffen wird.  Mein Rollator macht ja zum Glück keinen Krach! Das bringt mich auf die Idee, das Gerät akustisch aufzuwerten.  Mit CDs ausgestattet werde ich das soziale Umfeld im Kiez erfreuen. Und ich reiche diese Neuerung auch noch als Patent ein. Aber vielleicht funktioniert keine meiner Ideen? Dann bleibe ich zu Hause und bewege mich ab jetzt nur noch im  Second life.

Desdemona ( zum Glück noch nicht 80)