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Noch mal Rilke
Nachdem wir so diverse Linksammlungen auf dem Blog haben, manchmal völlig unmotiviert, bat mich die Onlineredaktion, auch mal eine Linksammlung zu Rilke zu erstellen. Aber leider widerstrebt mir diese Form der „Hilfestellung“, denn wenn sich jemand für ein Thema interessiert, wird er es auch gut selber fertigbringen zu googeln. Es sind auch gerade die Audiobeiträge, die ich nicht mag, wo oft ausufernd von irgendwelchen Lackaffen etwas vorgetragen wird, das man lieber selber lesen würde, ohne dabei auch noch einen A(E)ffekt rübergebracht zu bekommen. Ich weiß auch, dass ich in dieser Abneigung nicht allein stehe.
Vielmehr möchte ich hier mein Lieblingsgedicht von Rilke zum lesen vorstellen. Ich hatte es gar nicht selbst entdeckt, sondern es wurde mir einmal von einer der vielen Rilkeverehrerinnen zugesandt.
Rilke hatte ja die Bekanntschaft mit Lou Andreas-Salomé gemacht, die ihn, obwohl sie 14 Jahre älter war, faszinierte. Das folgende Gedicht ist aus dieser Phase und hat sicher mit dieser Frau zu tun, der schon Nietzsche einen Heiratsantrag gemacht hatte und der, vielleicht auch wegen der abschlägigen Antwort, später in geistige Umnachtung verfallen ist. Fast der gesamte Briefwechsel zwischen Rilke und Lou wurde vernichtet im beiderseitigen Einverständnis. Wer weiß, was dieser als Autodafé bezeichneten Aktion alles zum Opfer gefallen ist, aber das folgende Gedicht hat es überlebt:
LÖSCH MIR DIE AUGEN AUS…..
Lösch mir die Augen aus: ich kann Dich seh`n,
wirf mir die Ohren zu: ich kann Dich hören,
und ohne Füße kann ich zu Dir geh`n,
und ohne Mund noch kann ich Dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse Dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst Du in mein Hirn den Brand,
so werd ich Dich auf meinem Blute tragen.
Rainer Maria Rilke 1899
Im letzten GeWa hatte ich noch mal auf die Rolle des Gedankenaustauschs verwiesen, der dort in der Anfangszeit noch stärker ausgeprägt war. Um wieviel mehr gilt das für einen lebendigen Blog, auch wenn sich einige daran stören, dass das eine Öffentlichkeit ist, die unüberschaubar ist und ein viel weitreichenderes Medium als unser gutes altes GeWa. Trotzdem gab es schon Zeiten, wo auch unser Blog lebendiger war, wo die Klingen gewetzt und gekreuzt wurden. Wenn wir nun also in die guten alten Zeiten eintauchen, so wünschte man sich vor allem den Austausch zurück.
Christian Rempel 7.8.2015