Categotry Archives: Gerhard Jaeger

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Gerhard Jaeger: Ode an ein hartes Wesen – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015

Die Wortfeile möchte ich setzen Dir ans stählerne Ohr Vielleicht fallen ein paar Späne in die Muschel vielleicht gäbe es dann ein wenig Gekuschel

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Ode an ein hartes Wesen

Die Wortfeile
möchte ich setzen
Dir ans stählerne Ohr
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Vielleicht fallen*
ein paar Späne*
in die Muschel*

vielleicht gäbe es dann*
ein wenig*
Gekuschel

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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Ein kurzes Porträt: Gerhard Jaeger

Gerhard Jaeger Maler und Lyriker lebt in Berlin 1948 in Prenzlauer Berg geboren, nach dem Abitur zunächst Maschinenbau studiert, 1975 - 1978 Studium Literatur und Kunst in Leipzig danach Arbeit an Bildern und Gedichten Publikationen im Verlag "Neues Leben" in Zeitschriften und Zeitungen Studienaufenthalte 1982 Ukraine Erdgastrasse im Raum Ivanow Frankowsk, 1994 Griechenland Kreta, 1998 Italien Toskana, 2002 und 2007 Sizilien, 20010 Cuba Ausstellungen: Im Zeitraum von 1982 bis 2012 verschiedene Ausstellungen, in letzter Zeit 2004 Berlin Fa. Springer, 2005 bis 2007 Berlin in Arztpraxen, Kneipen, 2010, 2011 und 2012 im MGH König Wusterhausen seit 2007 Verkaufsausstellung im Naturkosmetikladen "Lotte" Prenzlauer Berg .

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Maler und Lyriker

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lebt in Berlin

1948 in Prenzlauer Berg geboren, nach dem Abitur zunächst Maschinenbau studiert,

1975 – 1978 Studium Literatur und  Kunst in Leipzig

danach Arbeit  an Bildern und Gedichten

Publikationen im Verlag „Neues Leben“  in Zeitschriften und Zeitungen

Literaturkritiken u.a. in “Sinn und Form“

Studienaufenthalte 1982 Ukraine Erdgastrasse im Raum Ivanow Frankowsk, 1994 Griechenland Kreta, 1998 Italien Toskana, 2002 und 2007 Sizilien, 2010 Kuba

Ausstellungen im Zeitraum von 1982 bis 2012 verschiedene Ausstellungen, 

in letzter Zeit 2004 Berlin Fa. Springer, 2005 bis 2007 Berlin in  Arztpraxen, Kneipen, 2010, 2011 und 2012 im  MGH König Wusterhausen seit 2007 Verkaufsausstellung im Naturkosmetikladen „Lotte“ Prenzlauer Berg.

 

Auszug aus einem Briefwechsel                              

Guten Morgen und einen erfolgreichen Tag, lieber Oke.

Vielen Dank für die Glückwünsche. Man muss ja nicht nachrechnen, wie viele Weihnachtsbäume man noch schmücken wird nach hinten raus und bis zur seligen Auffahrt. Ohne das lebt es sich lustiger. Ich habe Deine Gedichte gelesen und versucht ihnen näher zu kommen. Dabei sind mir Schlüsselwörter aufgefallen, die für die Erschließung des Textes wichtig sind. Da konnte ich nicht anders, musste Hand anlegen, als Maler und Poet. Habe mir aus Deinem Text eine Lesart gepinselt. Nee, nee, wissenschaftlich ist das nicht und ob es Gültigkeit besitzt, müsste der Leser/Hörer entscheiden. Aber: Es ist meinem Sprachempfinden geschuldet und meinem Hang nach (Sinn)Bildern zu suchen. Auch ein Gedicht hat Bildebenen. So rücke ich mir Worte in den Vordergrund (an den Zeilenanfang, in ein Reimschema, oder in die Pointe) denen ich eine tragende Funktion aufbürde. In die Mittelebene gehören Zeichen, Metaphern, Symbole. Damit können die Verben auf dem Wege zum Sinnigen reisen. Den Texthintergrund erhellen die Stimmung, Klang, Rhythmik, Farbe, Licht, Befindlichkeit. So ist der Schreibanlass geborgen im bildhaften (Sprach)Raum. Wenn’s funktioniert, ist man im Bild. Das sind dann die klarsten Stunden….

Danke für die Texte. Wann bekomme ich mehr Herr Mime?

Herzliche Grüße

An Euch und alle Poeten

Gerhard

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Gerhard Jaeger (Text und Foto): Strand für zwei

endgültig, sagt sie dreht sich und blickt endgültig, sagt er dreht sich und blickt zum Meer endgültig, denkt er hört keine Stimme endgültig sein Schatten

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l’ amor
Bretagne 2013
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endgültig, sagt sie
dreht sich und blickt
endgültig, sagt er
dreht sich und blickt
zum Meer

endgültig, denkt er
hört keine Stimme
endgültig sein Schatten
am Strand

Endgültig allein
mit all dem
Sand

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Gerhard Jäger: Später September

brandige Abende feucht das Fell Schmeichelkater neblige Erwartungen Gardinen um meine Stirn Apfelaroma huscht vorbei rotbackig Kleider des Sommers im Spätsein September Licht geht und kommt will Schatten werfen ein Augenzwinkern bevor Sonne ertrinkt in einem Glühen brennend als wäre es mein

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brandige Abende
feucht das Fell
Schmeichelkater
neblige Erwartungen
Gardinen um meine Stirn
Apfelaroma huscht vorbei
rotbackig
Kleider des Sommers
im Spätsein September
Licht geht und kommt
will Schatten werfen
ein Augenzwinkern
bevor Sonne ertrinkt
in einem Glühen
brennend
als wäre es
mein

 

 

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Gerhard Jaeger: Teller auf den Tisch – aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015 –

Teller auf den Tisch (Tregastel Sommer 2013 sie kocht nie das was ich essen will Zicke) ruft der Alte sie zuckt nicht nur die Möwe schreit der Magen gluckst das Meer gluckst und geht wie sein Atem Wasser nimmt es und spuckt es aus ruft der Alte gleich geht die Sonne unter Kiesel rollen hart wie rohe Kartoffeln Wolken schwimmen wie Eierschaum zart der Himmel färbt sich hummerrot leer Teller auf dem Tisch versalzen die See, der Kiesel, das Sein es ist traurig, es ist fies es gibt Gries

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(Tregastel Sommer 2013 sie kocht nie das was ich essen will Zicke)

ruft der Alte
sie zuckt nicht
nur die Möwe schreit
der Magen gluckst
das Meer gluckst
und geht wie sein Atem
Wasser nimmt es und
spuckt es
aus
ruft der Alte
gleich geht die Sonne unter

Kiesel rollen
hart wie rohe Kartoffeln
Wolken schwimmen
wie  Eierschaum zart
der Himmel färbt sich hummerrot
leer Teller auf dem Tisch
versalzen die See, der Kiesel, das Sein
es ist traurig, es ist fies
es gibt Gries

Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

Gerhard Jaeger: Von den Flügeln, dem Fliegen, dem Tanz und dem Mond – Rezension zu Gedichten von Liane Fehler

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Es macht Spaß die Gedichte und Texte von Liane Fehler zu lesen. Die vorliegende Auswahl ihrer Arbeiten umfasst 35 Texte. Schon vorweg lässt sich sagen, hier schreibt eine junge Frau, zu deren Handwerk und Ausdruckskraft eine oft humorvolle Poetik in lyrischen Bildern  gehört.

Dabei greift sie auf originelle Weise auch auf eine Metaphorik aus dem Türkisch- Orientalen zurück, verwendet geschickt mythologische Begriffe. So beispielsweise im Gedicht “Auferstehung klemmt“, in dem Phönix, Goliath und die Meduse auftauchen. Da gibt es das Gedicht mit dem Titel “Arabeske“ in dem gesagt wird:

 

Arabeske

heißt mein wildes Pferd

es trug mich im Teufelsritt

durch den Frühling

in den Sommer

bis zu dieser Nacht

gelange durch die Gärten

„de Aranjuez“

auf die Mondsichel

weiches Licht fließt

auch auf die

allein träumenden

über die traurigen, großen Kinder

die erwachsen tun …..

 

Auf schwebt ein Aroma des Fremdseins, des Märchenhaften. Man ist unterschwellig an Geschichten aus 1000&1 Nacht oder an den Zauber der Alhambra erinnert. Sicher kommt der Autorin beim Aufspüren solcher Szenen zu Gute, dass sie sich im Vorfeld mit dem Nachdichten von Lyrik und Liedern dichtender Sängerinnen aus dem Gebiet des vorderen Orients –( eine Reise durch 300 Jahre), befasst hat.

Asche und Sand…Phönix…nehm ich die Flügel…schweb für Momente…Flügelschuh…alle Gedanken fliegen auf…als Gestirne die eigene Bahn ziehen…ich schwebe für Momente…Die Kette der Zitate aus unterschiedlichen Zeilen und Gedichten von Liane Fehler ließe sich mühelos weiter führe. Flügel und fliegen, haben wir eventuell auch solche Wünsche?

Vielleicht ist es das, was einem beim Lesen erreicht, vielleicht aber auch die Rhythmik einiger ihrer Texte. Gut, in den Nachdichtungen jener Sängerinnen des Orients erklang zwangsläufig melodisches. Das ist erfasst worden und ins eigene Dichten integriert. Aufgefallen sind mir die liedhaften Gedichte, Viva la Vita, Minuten rieseln, Dideldum und der Schattenengel. Ja, “SCHATTENENGEL“ (flügellahm flügelschwer) müssen sich erheben. Schattenengel fliegen.

Liedhaftigkeit und Sprachphantasie haften dem Text an. Vielleicht ist das Wort: SCHATTENENGEL nicht neu, hier aber ist es eine Herausforderung, die vielfach aufgreifbar ist. Liane Fehler ist wählerisch, wenn es um die Wahl der Worte geht. Es fallen ihr schlicht –schöne Dinge ein: Novemberherz,  kaltblau, nachtblau, das Orakel der Welt, sattle den Frosch….

 …sattle den Frosch, dieses Gedicht verdient hervorgehoben zu werden.

 

Sattle den Frosch

 

hab meine Erwartungen

verfüttert am Teich

werfe auch

die nicht gesagten Worte

hinterher

 

Tränenblick

presst die Ohnmacht

aus dem Körper

 

suche ein Vehikel

für mein ICH

will fort

sattle den Frosch

und hüpfe

von dannen

 

Tränenblick, Ohnmacht, verfütterte Erwartungen, ach welch Seelenschmerz, dann aber eine so selbstironische Wendung, liebenswerte Bescheidenheit und humorvolle Abkehr. An dieser Stelle ist alles gesagt.

 

Man findet bei der Autorin interessante Ansätze im Spiel mit Inhalt und Form. Im Text Ellipse geht das gut. Die Textsammlung lässt einen Reifeprozess erkennen. Wenn anfänglich Textschwächen auffallen, so verblassen diese in den neueren Gedichten.

Was nun macht diese Textschwächen aus? Texte wie Phönix oder Seebrücke Lubmin könnten auch Kurzprosa sein. Ein prosaischer Satzbau ist den Strophen nicht sonderlich dienlich. Fragwürdig erscheinen mir auch jene Texte, in denen Liane Fehler binsenweise Sinnsprüche und Lebensweisheiten einbaut. Im Tanz auf dem Grab heißt es: Gebet um Erlösung und Kraft/ zum Weiterleben. Ähnlich verrieselt das End des Textes Seebrücke Lubmin: …ich danke der Kraft, die dies erschaffen hat. Da wird das Bild verlassen und kommentiert.  Schade, denn in den Anfängen dieser Texte war Bildhaftes und Licht. Auch das Gedicht Orakel der Welt leidet an dem Misstrauen der zuvor geschaffenen Bildhaftigkeit. Mich stören denn auch solche Zeilen…Momente lang den Sinn sehen…ja welchen denn? Eine nebulöse Floskel über die man stolpert, so wie man einem schönen Menschen nicht verfällt, wenn man nicht mehr über sein Aussehen erfährt als: schön.

Aber Liane Fehlers Texte sind durchweg ehrlich, schlicht und immer ums Hoffen bemüht. Verwundert es da, dass sich dem Fliegen das Tänzchen zugesellt?

Wir tanzen in Texten: Tanz auf dem Grab, Viva la Vita, Novemberherz und oft steigt auch der Mond aus den Zeilen der Autorin. Sinnbildhaftes das genauso den Kosmos  herruft. Das Grosse, welches über uns sein könnte oder ist, wird besungen, oder angerufen. Stilistische Schwachpunkte einiger Gedichte werden manchmal vom Thematischen überrumpelt. Sinnlichkeit wird in vielen Strophen konkret und es sei mir gestattet dem Ende zu aus zu atmen mit dem Text von Liane Fehler:

 

Ausatmen

 

will diese Liebe

rausschreien

ausatmen

dass der Wind sie trägt

der sie mir brachte

und der Mond

sein Komplize

scheinheilig

leuchtet er wieder

und lacht

 

…lacht manchmal auch aus Spaß am Lesen, am Lesen solcher Gedichte. Mal sehen, was Liane Fehler noch dichten wird darauf freuen darf man sich sicher.

Gerhard Jaeger
Im August 2013

 

 

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Gerhard Jaeger: Nur Engel klopfen leise an – Schattenengel lII

Schattenengel lII 2.8.2013 Bad Sonnenburg Ich tauche, Dunkelheit diese Stiege, mir voraus die Furcht, steigt in mir aber ein Leuchten, ja?

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2.8.2013 Bad Sonnenburg

Ich tauche, Dunkelheit
diese Stiege, mir voraus
die Furcht, steigt

in mir aber
ein Leuchten, ja?

du mit offenem Haar
du mit den Kleidern
der Einsamkeiten
du mit dem Lippenrot
der Sehnenden
du und der Aromaduft
der Hoffnung

Dunkelsein, die Stiege
mir folgt die Furcht
leise ein Klopfen
von leiser Hand
damals an jene Tür
ein Klopfen jetzt
in meiner Brust

mein Engel
Du

 Aus der Anthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015 (ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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Gerhard Jaeger: Schaffner Mond (Lied)

Um den Titel abzuspielen bitte einfach in den blaue Schriftzug "Lied: "schaffner mond" klicken. Lied: "schaffner mond" Text, Musik, Komposition und Gesang: Gerhard Jaeger

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Um den Titel abzuspielen bitte einfach in den blauen
Schriftzug „Lied: „schaffner mond“ klicken.

▶ Lied: Schaffner Mond

Text, Musik, Komposition und Gesang: Gerhard Jaeger

Gerhard Jaeger: Singende Katzen

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                                                                                Chalkidiki      30.05.02

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Lieber Christian, der Nordwind kommt durch die Bucht. Kühl ist er und begleitet die Stille. –

Ach, die Stille, wir kamen aus einer lärmenden Welt. Dort haben wir vieles nicht mehr getan.. Als Du jünger warst und fragtest nach dem Sinn des Seins, nach abenteuerlichen Wegen, als Du kämpfen wolltest, als du auf der Suche warst, da erschien die Stille Dir willkommen. Du flüchtetest in sie um nach Dir zu fragen. Sie half Dir, aber ihre Antworten waren immer etwas anders, nie genau aber immer irgendwie gut tuend.

Manchmal lenkte sie dich mit Wolkenspielen und Licht in andere Blickwinkel, dann wieder war es die Frage: “Wonach duftet es hier?“

Sie konnte aber auch mit leiser Stimme an etwas erinnern, weil die Sehnsucht gerade abhanden kam.-

Durch die Bucht kommen Nordwind und Stille, ein nettes Paar.-

Ich lausche. Seitab rauschen Wind und Meer. Über die Sonne wandern Wolken, Spatzen zwitschern und der Oleander beduftet die Morgenfrische.

Sandorn, diese nordische Duftimpression, diese Erinnerung aus anderer Tiefe sagt, es wird etwas geschehen.

Etwas kann uns überfallen, etwas wird uns in den Strom von Gedanken tauchen.

Die Stille wird uns befragen. Zeuge wirst Du sein, es ist ein Verhör.

Katzenjammer, flach gegen den Boden gedrückt schleicht eine Katze durch Gärten und singt.- Liebesgesänge, Seelenschmerzgesänge, Fernwehgesänge?

Lieder, das sind Lieder, die die Stille hinwirft. Anders sind die Worte.-

Ich mag sie nicht mehr, Worte, die Erklärungszwänge auslösen zwischen der Stille und mir.

Gut, denke ich, ich kann ihnen kurze Antworten formulieren.

Liebeskummer – spurlos verloschen. Seit Jahren lebe ich verheiratet. Dennoch lausch ich in die Stille, ob und wonach Liebe rief. Zuneigung, ja, stark und gut, alles andere, na ja…

Fernweh: Seemann wollte ich als Junge werden. Von Berlin nach Griechenland segeln, Inseleinsamkeiten auftun, Sonnenuntergänge, Blütenwelten und den Tanz der Elfen schauen. Mein Gott, Du weißt schon, allein war man und träumte. Jetzt aber?

Seelenschmerz-: Körpersprache, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Ohrenschmerzen, Herzbeschwerden… Beschwerden, manchmal habe ich Beschwerden entgegen zu nehmen.

Das Innere meutert. Oft werde ich beleidigt, inkompetent genannt, man antwortet nicht oder bezahlt mich schlecht. Da zerbrechen Erwartungen, Hoffnung flieht vor der Furcht.

Ich fürchte mich.-

Die Stille ist da. Kein Auto, keine Maschinen, kein Radio. Nur das Gurren der Tauben höre ich. Nicht die menschlichen Laute. Kinderstimmen, nichts, nur die Tauben.

Griechenland, ich bin in Griechenland. Plötzlich ist Zeit da. Plötzlich trifft die Stille mich. Plötzlich ist es ein bißchen wie früher. Was aber nun?

Wenn Du dem Inneren zu Nahe kommst laufe einfach fort.

Die Sonne ist von der Terrasse gegangen. Einzeln, einige gelbe Flecke nur an den äußeren Rändern. Es wird Zeit eine Kleine Wanderung zu machen.

Abgekühlt der schwarze Morgenkaffe, bitter.

Hügel hin gesplitterte Felsen, Trümmer, erdversunkene Kulturen, die Antike,  Winzigkeit.-

Vergangenheit, alles hat Vergangenheit. Da ist der Augenblick hier ist schon Vergangenheit. Du weißt einiges über mich, also hast Du mich wahrgenommen. Aber, versunken ist die Vergangenheit, herausragen Trümmer.

Leben zu rekonstruieren wird nicht gelingen. Entweder wirst Du fragen oder Dich gleichgültig stellen. Besser ich rede gerade so, wie es mir einfällt.

Schmaler werden die Wege, die Sonne steigt und es wird feucht warm.- Schlangenwetter.

Barfuß gehe ich in Sandalen. Das Gestrüpp ist dornig. Hier oder dort raschelt was, huscht weg. Weißgrau türmen die Felsen auf in Wolkenklüfte. Fürchtest Du die Schlangen?

Über Schlangen weiß ich wenig. Ihre Bisse sind lähmend, vielleicht Krampfverursachend.-

Krampfverursachend, das ist die Arbeit. Stell Dir einen Gemüsehändler vor. Er tütet Früchte ein, legt das Gemüse auf die Wage, kennt die Preise. Mehr muß er nicht wissen über pflanzliche Waren. Wenn meine Arbeit doch ähnlich wäre.

Ich berechne elektrische Apparate. Physikalisch unverfänglich, vorausgesetzt Du erkennst die Zusammenhänge. Ich bin Diener einer Software. Sie ist mein physikalisches Gewissen. Ist die Software krank, dann erkranke auch ich. Einem Menschen zu trauen ist schwer. Unberechenbar sind sie. Maschinen sind Egozentriker. Ich könnte diesen Vorteil in Bezug auf die Beherrschung der Maschinen nutzen.

Doch die Funktionsweise eines Rechenprogrammes liegt links, die physikalischen Zusammenhänge liegen rechts. Die Gesetze der Mechanik habe ich studiert. Zwischen den Dingen stehe ich. Es frißt mich auf. Innere Strukturen einer solchen Aufgabe durchschaue ich nicht. Aber die verheerenden Auswirkungen möglicher Fehler stehen mir vor Augen.

Eine teure Angelegenheit.

Vorsichtig setze ich die Füße ins Gestrüpp, vorsichtig kalkuliere ich. Hier wären Schlangen denkbar, dort lauern Führungskräfte.-

Sie machen Fehleranalysen, stellen tabellarisch dar, wie man den momentanen Leistungsstand zu bepunkten hat. Das mindert Gehaltskosten. Sie beurteilen die Verwendbarkeit eines Arbeitnehmers und bestimmen den Zeitpunkt seiner Austauschbarkeit. Effizient.-

Fremd sind die Apparate mir, die ich berechne. Jede Order ist eine Zeitbombe. Weiter werde ich machen, weiter wird es gehen.

Abhänge, unwegsamer wird der Ziegenpfad. Unten schäumt das Meer in die Klippen. Der Nordwind frischt auf. Fremdartig duftet die Stille. Mild und süß gibt sie sich preis. Hier endet dieser Weg, zerspringt in rinnsalartige Nebenarme. Er flieht den Felsen, er stürzt ins Dornengestrüpp.

Es raschelt, es surrt, es rauscht. Nordwind, doch die Stille herrscht.

Würdest Du umkehren?

Immer näher rückt die Stille ans Ohr. Der Nordwind hat sie fest im Arm.

Schwächer geht sein Atem jetzt. Sonne brennt.

Zwischen Gestern und heute liegt schmal die Vergangenheit.

Ein Wandertag, ein Nichtstutag, die Faulheit, das Entspannen.

Kurz mal ins Meer, Lippen ansalzen, einfetten die Haut, sonnenröten.

Sag mal, verändert uns ein einziger Tag?

Abends beobachtete ich Tische und Stühle, die reihten sich die Küste entlang, nahe dem leuchtenden Bogen aus Sand und dem wäßrigen Türkies.

Tausend Plätze hinter denen doppelt so viele Hoffnungen auflebten, wenn einzelne Gäste achtlos gingen, vorüber.

Hier herrschen leichter Wind und die Stille.

In andere Taschen fließt das große Geld.

Dennoch, Du spürst es sofort.

Kaum sitze ich, werden die Wirte nervös. Sie stolpern, hantieren, geben gelassen die Speisekarte, rufen, kommandieren in jenes Dunkelsein, das sich Küche nennt. Dort beginnen Teller zu klappern. Regsamkeiten brausen auf, dabei bestellte ich einen Espresso nur.-

Rasch geht es vorüber, manchmal aber eskaliert es auch.

Abends kamen einige Gäste in die Taverne. Mehr als zehn Tische wurden besetzt. Griechische Musik bespielte sie beruhigend.

Tiefschwarz stand ein Himmel an und nach feuchter Sommererde roch es. Künstlich wurde der Palmengarten beleuchtet.

Abendessen.- Erwartungen schaukelten sich auf. An zehn Tischen gleichzeitig. Hier sehen wir die Front der hungrigen, dort das Bataillon der Dienenden. Verstehst Du, ich wollte zu sehen wie Küchengehilfen, der Koch, der Kellner und der Chef das in Angriff nähmen.

Pärchen nahmen Platz. Zeitversetzt erhob sich der Chef. Er kam aus dem Dunkel einer Nische, aus der er so manchen Tag an einem kleinen Tisch wartete, tief in seinen Stuhl zurück gesunken, träge den Wandel der Stille abschätzend.

Jetzt stand er auf. Staffelläuferpose um die empfangenen Bestellungen, die er den Gästen abnahm, hastig an die im hinteren Teil dienenden weiter zu reichen. Folgerichtig, aber alles geschah zeitversetzt.

Erst wurde der Chef nervös. Die Nervosität übergab er dem Kellner, der reichte sie weiter bis sie an Töpfe schepperte. Kommandos wurden hitzig, Dämpfe stiegen auf.

Längst hatten mehr als die Hälfte der Gäste die Speisen im Magen, da erst erreiche die Hektik im Frontabschnitt der Dämmernden den Höhepunkt. Teller krachten, zu Boden fielen Rufe. Übersehen wurde das Geschirr auf den Gästetischen, denen die Gäste längst  leb wohl sagten. Als der Sturm vorüber war, kochte die Nervosität.

Am Morgen aber hatte die Stille alles wieder unter Kontrolle. Der Chef persönlich schätzte den trägen Wandel der Stille ab.-

Was aber hat das alles zu tun mit uns?

Komisch, eine solche Szene habe ich zum erstem mal mit den Augen Gottes beobachtet. Verstehst Du, was da unten geschah, geschah.-

Ich war Gast, die würzigen Fleischstücken waren verzehrt und das süße Dessert wärmte den Magen. Der Verdauungsschnaps löst Verspannungen. Ich war Gott und richtete die Getriebenen.

Da verstand ich das Phänomen des Zeitversatzes.

Ich lebe im zweiten Teil meines Lebens und schrecke auf wie der Chef.

Diese Stille, nein, den Kopf verdreht sie einem. Wie fremd Du aussiehst, wenn Du dich im Spiegel plötzlich antriffst. Müßiggänger. Und was nun?

                                                           G.Jaeger

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