Tag Archives: Wörter bezeichnen Weg und Ziel …

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Lars Steger: der kleine kirschbaum

der kleine kirschbaum im frühen himmelblauen wirft raureifschatten

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der kleine kirschbaum
im frühen himmelblauen
wirft raureifschatten

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Lars Steger: vorm fenster das netz

vorm fenster das netz raureifgeflecht am morgen weiß noch der himmel

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vorm fenster das netz
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raureifgeflecht am morgen
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weiß noch der himmel

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Lars Steger: Gelesen, gehört, gesehen, sogar kurz gesprochen. Siegrid Damm am 17.11.2012

Meine Liebsten hocken im Gras unter einem Olivenbaum. Sie malen. Ich darf ihnen vorlesen. Stundenlang. Egoistisch wähle ich Bücher, die ich selbst nicht kenne, bei deren Autoren ich aber sicher bin, zu wissen, wie sie ihre Sätze zusammenfügen, mich hineinfühlen kann und nur selten verlese. Hans Fallada, Christa Wolf, Sigrid Damm. Bücher, deren Inhalt mich angeht. Wie sehr, ahne ich noch nicht, als ich für unser Seminar als vorzustellenden Lieblingstext Sigrid Damms „Wohin mit mir“ auswähle. Das fiktives Tagebuch der Autorin eines gerade erfolgreichen Goethe-Buches, die für ein halbes Jahr ins „Casa di Goethe“ in Rom eingeladen wurde. Geschrieben zehn Jahre später. Selbst nach der Lesung, im Reden über das Buch und das eigene Schreiben, blieb Sigrid Damm konsequent: Wenn es um den Text ging, sprach sie von der Erzählerin.

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Foto von Lars Steger:"Vergänglichkeit"


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Meine Liebsten hocken im Gras unter einem Olivenbaum. Sie malen. Ich darf ihnen vorlesen. Stundenlang. Egoistisch wähle ich Bücher, die ich selbst nicht kenne, bei deren Autoren ich aber sicher bin, zu wissen, wie sie ihre Sätze zusammenfügen, mich hineinfühlen kann und nur selten verlese.

Hans Fallada, Christa Wolf, Sigrid Damm. Bücher, deren Inhalt mich angeht.

Wie sehr, ahne ich noch nicht, als ich für unser Seminar als vorzustellenden Lieblingstext Sigrid Damms

Wohin mit mir“ auswähle. Das fiktives Tagebuch der Autorin eines gerade erfolgreichen Goethe-Buches, die für ein halbes Jahr ins „Casa di Goethein Rom eingeladen wurde. Geschrieben zehn Jahre später.  Selbst nach der Lesung, im Reden über das Buch und das eigene Schreiben, blieb Sigrid Damm konsequent: Wenn es um den Text ging, sprach sie von der Erzählerin.

Die Frau eine Erscheinung. Klein. Sehr langer weißer locker geflochtener Zopf. Das Mauerwerk hinter ihr in einem warmen Licht. Dazu das Leselicht. Ihr Haar reflektierte das alles, erhellte die Umgebung ihres Kopfes. Jetzt weiss ich, wie die Idee von Heiligenscheinen entsteht. Als sie zu lesen begann – eine überraschend zarte, etwas brüchige Stimme. Ich hatte wohl Christa Wolfs ruhigen tiefen Ton erwartet.

Überraschend ihre Leseauswahl. Alles, was ich für das letzte Seminar im  MGH bei Thema Lieblingstext ursprünglich gern aus dem Buch vorgestellt hätte, war dabei. Wie alltägliche Erlebnisse und Begegnungen sich mit Erinnerungen und Er-lesenem vermischen. Goethe, Che Guevara, Ingeborg Bachmann und Caravaggio. Auch Anna Chiarloni wird diesmal übrigens benannt.*

Die gefühlte Nähe, die mir beim Lesen schon klar geworden war, wird noch deutlicher beim Sprechen über das Schreiben: Laufen müssen als Voraussetzung, weite offene Landschaft, das Gewicht der alltäglichen Dinge, die Verstrickung der kleinen und großen Geschichte – am Ende beim Signieren, als wir über den Rhythmus beim Schreiben sprachen, wies sie mich noch auf Fühmann hin. Das Ungarn-Tagebuch. Natürlich, wie konnte ich das vergessen!

Ich musste dann erst mal flüchten vor der Unruhe der Kolleginnen und deren Enttäuschung, dass so wenig von Rom die Rede war. Dabei war auch das doch Thema: die Stadt, die sie suchte, Goethes Flucht-Ort, nicht gefunden zu haben, mit Anderem, dem zurückliegenden Erlebnis Lapplands, den Söhnen und Enkeln, beschäftigt zu sein. Sich ihr Rom zehn Jahre später erarbeiten zu müssen, zu wollen.

Am liebsten hätte ich einen langen Nachtspaziergang gemacht. Na ja, Autobahn im Nebel hatte auch was. Nur innehalten kann man dabei nicht. Worte wälzend. So hole ich das nach.

* A.C. schrieb das Vorwort zu „zwischen den zeiten“, der Anthologie des E.K.e.V. (Peter Segler Verl., 2003), und übersetzte ein Gedicht von mir; sie wurde in S. Damms „Diese Einsamkeit ohne Überfluss“ (Insel Verl., 1995), einem Schottland-Tagebuch, nur anonym als Germanistin aus Turin benannt.

Lars Steger – Foto:”Vergänglichkeit”

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Lars Steger: Wörter bezeichnen Weg und Ziel

also ist es schon ein Unterschied, ob ich meiner Freundin eine Bergbesteigung, Wanderung oder einen Spaziergang vorschlage. Und wir sollten uns einig sein, was wir unter dem jeweiligen verstehen. Sonst ist Ärger vorprogrammiert. Auch für mich allein: Denn wenn ich mir vorher klarmache, was es werden soll, wähle ich danach allein schon Verpflegung und Schuhwerk. Deshalb machen „Schubkästen“ manchmal Sinn. Schon mehrfach hatten wir uns solche Schubkästchen in Seminaren vorgenommen – Sonnet, Haiku & Tanka, Adaptionen - mit mehr oder weniger produktivem Erfolg … nun trug Hagen Ludwig von „Nottekunst“ eine neue Aufgabenstellung an uns heran: Im Februar werden sich im Atelier in Wünsdorf-Bücherstadt bildende Künstler zu einem einwöchigen Workshop zum Thema „Collagen“ treffen. Die Ergebnisse sollen dort ausgestellt werden – zur Vernissage oder Finissage wünscht er sich eine Lesung mit Collagen-Texten von uns und vielleicht auch Musik-Collagen. Die Grenzen zur Montage sieht er als fließend an. Am produktivsten für die Diskussion, was literarische Collage bzw. Montage ist, erschienen mir die Definitionen aus dem „Schülerduden Die Literatur“. Collage wird hier erklärt mit: „[[…] französisch „das Leimen, das Ankleben"]: aus der bildenden Kunst in den Bereich der modernen Literatur übertragene Bezeichnung 1. für die Technik der zitierenden Kombination von meist nicht zusammengehörigem vorgefertigtem sprachlichem Material; 2. für die derart entstandenen literarischen Produkte. Zunächst wurde die Bezeichnung Collage meist gleichbedeutend mit der bis dahin üblichen Bezeichnung f. Montage gebraucht. Ende der 60er Jahre setzte sie sich, v. a. für größere literarische Formen, immer mehr durch. Unter dem Einfluss kubistischer Bildcollagen entstanden die ersten literarischen Collagen im Futurismus, Dadaismus und Surrealismus. Die Collage ist oft Teilelement im modernen Roman, z. B. bei J. Joyce („Ulysses", 1922, deutsch „Ulysses", 1927) und A. Döblin („Berlin Alexanderplatz", 1929).“ [Schülerduden Die Literatur. Dudenverlag. Mannheim / Wien / Zürich 1989. 2. überarb. Aufl., S. 92; Hervorhebung d.A:] Noch interessanter finde ich die Erläuterung der Montage: “[[…] französisch, von monier „hinaufbringen, aufstellen" (eigentlich „aufwärtssteigen")]: in der Filmtechnik Bezeichnung für die Verbindung zweier oder mehrerer Einstellungen durch einen Schnitt oder eine Blende. Durch die Montage bekommt jede Einstellung erst ihre eigene Bedeutung im Gesamtzusammenhang der filmischen Aussage, wenn z. B. bei S. M. Eisenstein die Montage bewusst als Ausdrucksmittel eingesetzt wird: Durch die Kollision von Bildern aus unterschiedlichen Wirklichkeitsbereichen (Tötung aufständischer Arbeiter - Schlachtung eines Ochsen im Film „Streik", 1925) wird der Zuschauer schockartig zu der vom Regisseur beabsichtigten Deutung des Geschehens geführt. Dagegen wird besonders in Unterhaltungsfilmen der sogenannte „unsichtbare Schnitt", d. h. der möglichst unauffällige Übergang von einer Einstellung zur anderen, bevorzugt, damit der Fluss der Erzählung nicht durch reflexionsauslösende Bildkombinationen gestört wird. Der Begriff „Montage", aus der Filmtechnik übertragen auf die Literatur, bezeichnet die bewusste Zusammenfügung von sprachlich, stilistisch und auch inhaltlich unterschiedlichen Textteilen. Die Funktionen der Montage sind vielfältig: die Spannbreite reicht von der Erzielung vordergründiger Überraschungseffekte über die ästhetische Provokation (z. B. im Dadaismus) bis zum Versuch in Romanen, die verschiedenen Bereiche und Ebenen der Wirklichkeit unter sich durchsichtig und durchlässig zu machen. Die Montagetechnik findet sich in allen Gattungen der modernen Literatur, in der Lyrik (G. Benn, H. M. Enzensberger), in der Erzählprosa (A. Döblin, „Berlin Alexanderplatz", Roman, 1929), im Drama (P. Weiss, „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats ...", 1964) und im Hörspiel. Bis Mitte der 60er Jahre wurden Montage und Collage etwa synonym verwendet, seither setzte sich zunehmend die Bezeichnung Collage durch.“ [ebenda S. 286f.] Mir scheint der heutige Gebrauch von Collage und Montage mit der aus der Filmgeschichte bekannten Spannbreite des letzteren Begriffs ganz gut abgesteckt. Die Betonung von Bildkollisionen und unterschiedlichem Wirklichkeitsmaterial (wie im Futurismus, Dadaismus und Surrealismus) würde ich heute in jeder anderen als der Filmform eher als Collage bezeichnen. In der Montage dagegen scheint mir die Einheit des Gesamten, der unauffällige Übergang der Einzelteile stärker. Nichtsdestotrotz bleiben fließende Übergänge, die aber schon interessant sind, wenn es um die Wirkungsstrategie des Werkes geht. Beide Begriffe lösen für mich auch z.gr.T. unseren Streit um die Adaption. Viele der unter dieser Aufschrift verpackten Texte können nämlich sehr wohl als Montage oder Collage gelten. Es werden fremde Text-Materialen für ein eigenes Ganzes genutzt – mit, gegen oder zumindest abweichend von Intentionen des Ausgangsmaterials. Eine Gattungsänderung ist hier nicht nötig. Die Beschneidung, Erweiterung, Neuordnung, Umdeutung des Materials dagegen geradezu Konzept. Exkurs I: Wenn dabei der Anspruch besteht einen Dialog mit dem Ursprungsmaterial einzugehen, dieser also in gewisser Weise Thema des Textes ist, scheint es mit nur umso wichtiger, dass dessen Material, soweit es im Text selbst sichtbar ist, als Vorlage erkennbar wird. Exkurs II: Lange habe ich allerdings mit dem Beispiel Georg Büchner gerungen: Der hat seine Vorlagen auch nicht kenntlich gemacht, scheinbar schamlos abgeschrieben - beim „Lenz“ und „Dantons Tod“, bis mir aufging: Das sind nun wirklich Adaptionen – aus (Wissenschaftlichem) Tagebuch bzw. Rede-Protokollen wird literarische Fiktion. Betrachtet man sich unter diesem Blick die letzten GeWa und die Angebote im Sommer-Seminar, finden sich bereits einige Beispiele für Collage bzw. Montage. Christians Texte bieten da sehr verschiedene Umgangsweisen mit den Original-Texten: Zur Essenz verknappend, Gegenentwürfe anbietend, den eigenen Text aus (mehr oder weniger vielen) Motiven entwickelnd. Lianes Vorworte fallen mir ein. Collage pur. Aber es muss auch nicht immer zitiert werden: Mein „Stillleben“ im GeWa 112 würde ich ebenfalls als Collage ansehen. Weil hier verschiedene Wirklichkeitsbereiche gegeneinander gesetzt werden. Das soll dem Leser sehr wohl bewusst werden. Fremdmaterial ist für beide Begriffe nicht Grundvoraussetzung. Eisensteins Bilder entstanden ja auch alle unter seiner Regie für den jeweiligen Film. In diesem Sinne sind viele unserer Texte Collagen, zumindest aber Montagen. Vielleicht kramt ihr mal unter diesem Gesichtspunkt in euren Mappen oder lasst euch anregen, einen solchen Text zu schreiben. Oder vielleicht entsteht einer direkt zu entsprechenden Bildern? Vielleicht schaffen wir sogar gemeinsam einen Werkstattbesuch? Ein Besuch in der Bunker-Bücher-Waldstadt, im Atelier „Nottekunst“ bei Hagen und Sylvi und in der umliegenden Ex- Militär-Brach-Landschaft lohnt sich allemal.

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also ist es schon ein Unterschied, ob ich meiner Freundin eine Bergbesteigung, Wanderung oder einen Spaziergang vorschlage. Und wir sollten uns einig sein, was wir unter dem jeweiligen verstehen. Sonst ist Ärger vorprogrammiert. Auch für mich allein: Denn wenn ich mir vorher klarmache, was es werden soll, wähle ich danach allein schon Verpflegung und Schuhwerk. Deshalb machen „Schubkästen“ manchmal Sinn.

Schon mehrfach hatten wir uns solche Schubkästchen in Seminaren vorgenommen – Sonnet, Haiku & Tanka, Adaptionen – mit mehr oder weniger produktivem Erfolg … nun trug Hagen Ludwig von „Nottekunst“ eine neue Aufgabenstellung an uns heran: Im Februar werden sich im Atelier in Wünsdorf-Bücherstadt bildende Künstler zu einem einwöchigen Workshop zum Thema „Collagen“  treffen. Die Ergebnisse sollen dort ausgestellt werden – zur Vernissage oder Finissage wünscht er sich  eine Lesung mit Collagen-Texten von uns und vielleicht auch Musik-Collagen. Die Grenzen zur Montage sieht er als fließend an.

Am produktivsten für die Diskussion, was literarische Collage bzw. Montage ist, erschienen mir die Definitionen aus dem „Schülerduden Die Literatur“. Collage wird hier erklärt mit: „[[…] französisch „das Leimen, das Ankleben“]: aus der bildenden Kunst in den Bereich der modernen Literatur übertragene Bezeichnung 1. für die Technik der zitierenden Kombination von meist nicht zusammengehörigem vorgefertigtem sprachlichem Material; 2. für die derart entstandenen literarischen Produkte. Zunächst wurde die Bezeichnung Collage meist gleichbedeutend mit der bis dahin üblichen Bezeichnung f. Montage gebraucht. Ende der 60er Jahre setzte sie sich, v. a. für größere literarische Formen, immer mehr durch. Unter dem Einfluss kubistischer Bildcollagen entstanden die ersten literarischen Collagen im Futurismus, Dadaismus und Surrealismus. Die Collage ist oft Teilelement im modernen Roman, z. B. bei J. Joyce („Ulysses“, 1922, deutsch „Ulysses“, 1927) und A. Döblin („Berlin Alexanderplatz“, 1929).“ [Schülerduden Die Literatur. Dudenverlag. Mannheim / Wien / Zürich 1989. 2. überarb. Aufl., S. 92; Hervorhebung d.A:]

Noch interessanter finde ich die Erläuterung der Montage: “[[…] französisch, von monier „hinaufbringen, aufstellen“ (eigentlich „aufwärtssteigen“)]: in der Filmtechnik Bezeichnung für die Verbindung zweier oder mehrerer Einstellungen durch einen Schnitt oder eine Blende. Durch die Montage bekommt jede Einstellung erst ihre eigene Bedeutung im Gesamtzusammenhang der filmischen Aussage, wenn z. B. bei S. M. Eisenstein die Montage bewusst als Ausdrucksmittel eingesetzt wird: Durch die Kollision von Bildern aus unterschiedlichen Wirklichkeitsbereichen (Tötung aufständischer Arbeiter – Schlachtung eines Ochsen im Film „Streik“, 1925) wird der Zuschauer schockartig zu der vom Regisseur beabsichtigten Deutung des Geschehens geführt. Dagegen wird besonders in Unterhaltungsfilmen der sogenannte „unsichtbare Schnitt„, d. h. der möglichst unauffällige Übergang von einer Einstellung zur anderen, bevorzugt, damit der Fluss der Erzählung nicht durch reflexionsauslösende Bildkombinationen gestört wird. Der Begriff „Montage“, aus der Filmtechnik übertragen auf die Literatur, bezeichnet die bewusste Zusammenfügung von sprachlich, stilistisch und auch inhaltlich unterschiedlichen Textteilen. Die Funktionen der Montage sind vielfältig: die Spannbreite reicht von der Erzielung vordergründiger Überraschungseffekte über die ästhetische Provokation (z. B. im Dadaismus) bis zum Versuch in Romanen, die verschiedenen Bereiche und Ebenen der Wirklichkeit unter sich durchsichtig und durchlässig zu machen. Die Montagetechnik findet sich in allen Gattungen der modernen Literatur, in der Lyrik (G. Benn, H. M. Enzensberger), in der Erzählprosa (A. Döblin, „Berlin Alexanderplatz“, Roman, 1929), im Drama (P. Weiss, „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats …“, 1964) und im Hörspiel. Bis Mitte der 60er Jahre wurden Montage und Collage etwa synonym verwendet, seither setzte sich zunehmend die Bezeichnung Collage durch.“ [ebenda S. 286f.]

Mir scheint der heutige Gebrauch von Collage und Montage mit der aus der Filmgeschichte bekannten Spannbreite des letzteren Begriffs ganz gut abgesteckt. Die Betonung von  Bildkollisionen und unterschiedlichem Wirklichkeitsmaterial (wie im Futurismus, Dadaismus und Surrealismus) würde ich heute in jeder anderen als der Filmform eher als Collage bezeichnen. In der Montage dagegen scheint mir die Einheit des Gesamten, der unauffällige Übergang der Einzelteile stärker. Nichtsdestotrotz bleiben fließende Übergänge, die aber schon interessant sind, wenn es um die Wirkungsstrategie des Werkes geht.

Beide Begriffe lösen für mich auch z.gr.T. unseren Streit um die Adaption. Viele der unter dieser Aufschrift verpackten Texte können nämlich sehr wohl als Montage oder Collage gelten. Es werden fremde Text-Materialen für ein eigenes Ganzes genutzt – mit, gegen oder zumindest abweichend von Intentionen des Ausgangsmaterials. Eine Gattungsänderung ist hier nicht nötig. Die Beschneidung, Erweiterung, Neuordnung, Umdeutung des Materials dagegen geradezu Konzept.

Exkurs I: Wenn dabei der Anspruch besteht einen Dialog mit dem Ursprungsmaterial einzugehen, dieser also in gewisser Weise Thema des Textes ist, scheint es mit nur umso wichtiger, dass dessen Material, soweit es im Text selbst sichtbar ist, als Vorlage erkennbar wird.

Exkurs II: Lange habe ich allerdings mit dem Beispiel Georg Büchner gerungen: Der hat seine Vorlagen auch nicht kenntlich gemacht, scheinbar schamlos abgeschrieben – beim „Lenz“ und „Dantons Tod“, bis mir aufging: Das sind nun wirklich Adaptionen – aus (Wissenschaftlichem) Tagebuch bzw. Rede-Protokollen wird literarische Fiktion.

Betrachtet man sich unter diesem Blick die letzten GeWa und die Angebote im Sommer-Seminar, finden sich bereits einige Beispiele für Collage bzw. Montage. Christians Texte bieten da sehr verschiedene Umgangsweisen mit den Original-Texten: Zur Essenz verknappend, Gegenentwürfe anbietend, den eigenen Text aus (mehr oder weniger vielen) Motiven entwickelnd. Lianes Vorworte fallen mir ein. Collage pur. Aber es muss auch nicht immer zitiert werden: Mein „Stillleben“ im GeWa 112 würde ich ebenfalls als Collage ansehen. Weil hier verschiedene Wirklichkeitsbereiche gegeneinander gesetzt werden. Das soll dem Leser sehr wohl bewusst werden. Fremdmaterial ist für beide Begriffe nicht Grundvoraussetzung. Eisensteins Bilder entstanden ja auch alle unter seiner Regie für den jeweiligen Film.

In diesem Sinne sind viele unserer Texte Collagen, zumindest aber Montagen. Vielleicht kramt ihr mal unter diesem Gesichtspunkt in euren Mappen oder lasst euch anregen, einen solchen Text zu schreiben. Oder vielleicht entsteht einer direkt zu entsprechenden Bildern?

Vielleicht schaffen wir sogar gemeinsam einen Werkstattbesuch? Ein Besuch in der Bunker-Bücher-Waldstadt, im Atelier „Nottekunst“ bei Hagen und Sylvi und in der umliegenden Ex- Militär-Brach-Landschaft lohnt sich allemal.