Tag Archives: Lars Steger Haikus

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Geburtstagsgruß an Lars am 17. Februar 2021

Lieber Lars, wir sind in Gedanken bei Dir und wünschen Dir das Allerbeste. Die nachfolgenden Links sollen wie ein Kerzenlicht das lyrische Feuer deiner Gedichte zum Leuchten bringen, ein gutes Gefühl transportieren und uns Allen Freude schenken. Liane

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Lieber Lars,
wir sind in Gedanken bei Dir und wünschen Dir das Allerbeste. Die nachfolgenden Links sollen wie ein Kerzenlicht das lyrische Feuer deiner Gedichte zum Leuchten bringen, ein gutes Gefühl transportieren und uns Allen Freude schenken.
Liane

schwalbenstaffelschrei
kastaniengrün
fallende blätter
am Ende das Bild
die Bauernrose
sonniger Morgen
gegen die grelle des morgens
weit weit aufgeblüht
unterm Blau
Fern – Weh
einsam zu spielen
noch kilometer
entenbalznicken
noch treiben schollen
der fische stille
krumme wege nachts
fast brandbraun verblüht
die nackte erde
stille steht am see
nach dem zweiten glas
still steh’n laternen
plötzlich lebten wir
dieselbe sonne
sternenstill die zeit
asche und feuer
der mond ist im see
am Feuer noch
unterm wolkenbrand
schnee unterm bleigrau
im grauen kleid schön
wenn neben steinen
rosenkranzhände
leer alte nester
noch nach den stürmen
unsere worte
verhangener mond…
die nebel stiegen
mein tal im nebel
Erste Säle – hier draußen ist grelle
mein thüringer tal
aus der nebelwand
Stilleben
Erste Säle – schneelichtspaziergang
Erste Säle – garten das lebensmotiv
Erste Säle – finnisch silberweiß
Erste Säle – der wind im korngold
Erste Säle – venedig im licht
Erste Säle – wirf deine stecken weg
Erste Säle – aueland-einsamkeit
winterhelles grau
letztes laub raschelt
der vierte der affen

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Lars Steger: Haikus

still steh’n laternen doch die baumschatten schwimmen nebel zieht uns zu plötzlich lebten wir in einem novemberland freien leeren blicks dieselbe sonne unbekanntes licht beim abschied brennt uns noch immer sternenstill die zeit ziehn sehn, auf briefkästen nachts Gedichte schreiben asche und feuer wenn nur unsere worte noch warten im wind der mond ist im see nicht sichel, nur ein schillern die schatten schwimmen unterm wolkenbrand herauf ziehen die wetter hörst du gerede an der landstraße die kraniche fliegen auf wenn du für sie hältst

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still steh’n laternen
doch die baumschatten schwimmen
nebel zieht uns zu

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plötzlich lebten wir
in einem novemberland
freien leeren blicks

dieselbe sonne
unbekanntes licht beim abschied
brennt uns noch immer

sternenstill die zeit
ziehn sehn, auf briefkästen nachts
Gedichte schreiben

asche und feuer
wenn nur unsere worte
noch warten im wind

der mond ist im see
nicht sichel, nur ein schillern
die schatten schwimmen

unterm wolkenbrand
herauf ziehen die wetter
hörst du gerede

an der landstraße
die kraniche fliegen auf
wenn du für sie hältst

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Lars Steger: Wiederkehr 1

Auf dem Rückweg war er unentschlossen, er hatte noch nichts gegessen, es war Zeit für ein paar Anrufe, wenn er seiner ehemaligen Familie und seinen Eltern nicht wirklich

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Auf dem Rückweg war er unentschlossen,
er hatte noch nichts gegessen,
es war Zeit für ein paar Anrufe,
wenn er seiner ehemaligen Familie
und seinen Eltern nicht wirklich
den heiligen Abend stören wollte.
Sieben Kneipen hatte er gezählt
die alle zu hatten für die nächsten
drei Tage oder die ganze Jahreszeit.

Vor der Kirche blieb er stehen.
Da gehörte er irgendwie nicht hin.
Wäre bemerkt worden.
Dort wollte er nicht bemerkt werden.
In der Heide oder auf den leeren Wegen
des Dorfes störte ihn sein Bild
vom einsamen Wanderer nicht.
Er fand einen Tannenzweig
zwischen den Häusern, hier, wo
Tannen nur in den Wohnzimmern wuchsen,
den trug er in sein Zimmerchen unterm Dach
wo die kleinen modernen Katastrophen
auf ihn warteten, er hatte das Ladekabel
des Handys vergessen und den Adapter
für den MP3-Player, so blieben ihm
zwei Weihnachts- und fünf andere CDs
und die Stille. Aber er war ruhig
er hatte heute das Meer gehört
in seine Gischt gesehen.

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Lars Steger: Unter Sternenlöchern

Im milchglasgrauen Gewölk Im kalten Licht des Mondes Der wie ein Scheinwerfer Meinen Schatten Auf den Brandungsschaum wirft Heines Narren erinnern Und ein paar eigene Texte Vom grellen grünen Pulsen der Boje Den fernen Freunden, Leuchtturmlichtern

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Im milchglasgrauen Gewölk
Im kalten Licht des Mondes
Der wie ein Scheinwerfer
Meinen Schatten
Auf den Brandungsschaum wirft
Heines Narren erinnern
Und ein paar eigene Texte
Vom grellen grünen Pulsen der Boje
Den fernen Freunden, Leuchtturmlichtern
und dem wabernden Brausen der Wellen
Beständig wieder und wieder neu
Der lauten einsamen Leere
Zu der es nichts mehr zu sagen gibt
Außer, dass ich noch hier stehen kann
Auch wenn ihr nicht
mehr bei mir seit
Den leeren dunklen Strand ertragen

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Lars Steger: Gelesen, gehört, gesehen, sogar kurz gesprochen. Siegrid Damm am 17.11.2012

Meine Liebsten hocken im Gras unter einem Olivenbaum. Sie malen. Ich darf ihnen vorlesen. Stundenlang. Egoistisch wähle ich Bücher, die ich selbst nicht kenne, bei deren Autoren ich aber sicher bin, zu wissen, wie sie ihre Sätze zusammenfügen, mich hineinfühlen kann und nur selten verlese. Hans Fallada, Christa Wolf, Sigrid Damm. Bücher, deren Inhalt mich angeht. Wie sehr, ahne ich noch nicht, als ich für unser Seminar als vorzustellenden Lieblingstext Sigrid Damms „Wohin mit mir“ auswähle. Das fiktives Tagebuch der Autorin eines gerade erfolgreichen Goethe-Buches, die für ein halbes Jahr ins „Casa di Goethe“ in Rom eingeladen wurde. Geschrieben zehn Jahre später. Selbst nach der Lesung, im Reden über das Buch und das eigene Schreiben, blieb Sigrid Damm konsequent: Wenn es um den Text ging, sprach sie von der Erzählerin.

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Foto von Lars Steger:"Vergänglichkeit"


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Meine Liebsten hocken im Gras unter einem Olivenbaum. Sie malen. Ich darf ihnen vorlesen. Stundenlang. Egoistisch wähle ich Bücher, die ich selbst nicht kenne, bei deren Autoren ich aber sicher bin, zu wissen, wie sie ihre Sätze zusammenfügen, mich hineinfühlen kann und nur selten verlese.

Hans Fallada, Christa Wolf, Sigrid Damm. Bücher, deren Inhalt mich angeht.

Wie sehr, ahne ich noch nicht, als ich für unser Seminar als vorzustellenden Lieblingstext Sigrid Damms

Wohin mit mir“ auswähle. Das fiktives Tagebuch der Autorin eines gerade erfolgreichen Goethe-Buches, die für ein halbes Jahr ins „Casa di Goethein Rom eingeladen wurde. Geschrieben zehn Jahre später.  Selbst nach der Lesung, im Reden über das Buch und das eigene Schreiben, blieb Sigrid Damm konsequent: Wenn es um den Text ging, sprach sie von der Erzählerin.

Die Frau eine Erscheinung. Klein. Sehr langer weißer locker geflochtener Zopf. Das Mauerwerk hinter ihr in einem warmen Licht. Dazu das Leselicht. Ihr Haar reflektierte das alles, erhellte die Umgebung ihres Kopfes. Jetzt weiss ich, wie die Idee von Heiligenscheinen entsteht. Als sie zu lesen begann – eine überraschend zarte, etwas brüchige Stimme. Ich hatte wohl Christa Wolfs ruhigen tiefen Ton erwartet.

Überraschend ihre Leseauswahl. Alles, was ich für das letzte Seminar im  MGH bei Thema Lieblingstext ursprünglich gern aus dem Buch vorgestellt hätte, war dabei. Wie alltägliche Erlebnisse und Begegnungen sich mit Erinnerungen und Er-lesenem vermischen. Goethe, Che Guevara, Ingeborg Bachmann und Caravaggio. Auch Anna Chiarloni wird diesmal übrigens benannt.*

Die gefühlte Nähe, die mir beim Lesen schon klar geworden war, wird noch deutlicher beim Sprechen über das Schreiben: Laufen müssen als Voraussetzung, weite offene Landschaft, das Gewicht der alltäglichen Dinge, die Verstrickung der kleinen und großen Geschichte – am Ende beim Signieren, als wir über den Rhythmus beim Schreiben sprachen, wies sie mich noch auf Fühmann hin. Das Ungarn-Tagebuch. Natürlich, wie konnte ich das vergessen!

Ich musste dann erst mal flüchten vor der Unruhe der Kolleginnen und deren Enttäuschung, dass so wenig von Rom die Rede war. Dabei war auch das doch Thema: die Stadt, die sie suchte, Goethes Flucht-Ort, nicht gefunden zu haben, mit Anderem, dem zurückliegenden Erlebnis Lapplands, den Söhnen und Enkeln, beschäftigt zu sein. Sich ihr Rom zehn Jahre später erarbeiten zu müssen, zu wollen.

Am liebsten hätte ich einen langen Nachtspaziergang gemacht. Na ja, Autobahn im Nebel hatte auch was. Nur innehalten kann man dabei nicht. Worte wälzend. So hole ich das nach.

* A.C. schrieb das Vorwort zu „zwischen den zeiten“, der Anthologie des E.K.e.V. (Peter Segler Verl., 2003), und übersetzte ein Gedicht von mir; sie wurde in S. Damms „Diese Einsamkeit ohne Überfluss“ (Insel Verl., 1995), einem Schottland-Tagebuch, nur anonym als Germanistin aus Turin benannt.

Lars Steger – Foto:”Vergänglichkeit”

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Lars Steger: Haikus … eine einzige zigarette, der vollmond und nachtigallen

eine einzige zigarette, der vollmond und nachtigallen

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eine einzige
zigarette, der vollmond
und nachtigallen

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von der sauna aus
ins blau des himmels blicken
an dich nichts denken

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nach dem reden nun
der knospenlinde abend
wie damals mit dir

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so früher sommer
in diesen späten tagen
flieg mein hoffen flieg