Tag Archives: Wider der Poesie Stand

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Christian Rempel: Fauna superioris

Der Spinnenfaden ist recht fest, nimm die geringe Dichte noch hinzu, wenn Du ihn an sich selber hängen lässt, kann länger werden er als Stahl und Eisen.

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Der Spinnenfaden ist recht fest,
nimm die geringe Dichte noch hinzu,
wenn Du ihn an sich selber hängen lässt,
kann länger werden er als Stahl und Eisen.
Kannst Du’s beweisen?
Beider Zugfestigkeit: 1 GPa,
Dichteverhältnis die Hexenzahl 7.
Wisst ihr es nun ihr Lieben?
Und denket ihr nun kurz und knapp,
das hängt vielleicht vom Querschnitt ab,
habt einen Holzweg ihr beschritten.
Und denken wir uns Stalaktiten
von langen langem Holze (28 km),
dann rissen sie noch später ab,
als wenn aus Stahl,
natürlich erste Wahl,
sie wären.
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Die Flora sich so findig zeigt
und nur die Fauna übersteigt
an Festigkeit noch das Gebilde,
das hab ich raus, nun lächelt milde.

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21.2.2013

 

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Christian Rempel: Der grüne Zettel

Ich sah da jüngst ein Mädchen stehn das Mädchen war so wunderschön doch ernsten Männern und schönen Frau`n soll man im Leben ja nicht trau`n

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Ich sah da jüngst ein Mädchen stehn
das Mädchen war so wunderschön
doch ernsten Männern und schönen Frau`n
soll man im Leben ja nicht trau`n

Sie fragte mich: „Oh ham Sie nicht
für mich ein kleines Angedicht?
Und sei es auch nur noch so klein
es würd` für mich `ne Freude sein“

„Oh Fräulein ham Sie ein Gebrechen
Sie können ja in Versen sprechen
was ich mir abring` so in Tagen
das könn` Sie gleich in Worten sagen“

Da schweigt sie fein und läßt mich denken
wollt ich ihr eben Verse schenken
was ich ihr sagte, wie mir scheint
das hat sich ja wohl auch gereimt

Was mir geschieht fast überall
ist immer auch ein Krankheitsfall
ob wohl ihr Leben schon bedroht
ob sie noch schaut das Abendrot

Verdammt, ich schweig noch immer
seh sie im weißen Zimmer
sie wird mir doch nicht siechen
wie kann sie so gut riechen

Und endlich kram ich Eiderdaus
für sie `nen grünen Zettel raus
Nun denkst Du darauf schreibe ich
für sie ganz rasch ein Angedicht

Doch in den Taschen hab ich Zettel
ganz eingestellt auf das Gebettel
da stehn schon die Gedichte drauf
womit ich um mein Leben lauf

Doch natürlich bleib ich steh`n
ich will die Reaktion ja seh`n
sie liest es leis dann liest`s sie`s laut
sie prüft genau ob`s nicht geklaut

Dann sagt sie mir sie schreibt nicht mehr
und dass sie las ist lange her
sie hat ja endlich ihr Gebrechen
sie kann ja nun in Versen sprechen

„Oh sagst Du etwas im Gedicht
dann weißt Du ja das Ende nicht
das ist so spannend, weißt Du`s jetzt
was Du nur so durchs Leben hetzt“

Ich stehe doch, wie kann sie sagen
ich täte durch das Leben jagen
sie schaut mir nicht mal ins Gesicht
hat sie`s gelernt aus dem Gedicht?

Dann gibt sie mir, ich habe Glück
sie gibt mir ein Gedicht zurück

Dann kam der Abschied ohne Klagen
ich würd` ihr gern ein Wort noch sagen
doch was mir fiel zu sagen ein
schon wieder war es nur ein Reim
Da las ich ihr, ich armer Tor
ich las den Zettel nochmal vor:

„Zu Worms in einem hohen Saal
fand man sich ein zur Damenwahl
den Saal ziert eine bunte Decke
und an der Decke hängt eine Schnecke

Sie ist gemacht von purem Gold
das ham die Damen so gewollt
und plötzlich kommt ihn` in den Sinn:
Wo sind denn nur die Männer hin?

Wir wollten sie doch gerade wählen
und hernach genau noch zählen
Die Männer wie sie immer sind
sie zogen in den _ _ _ _ _  geschwind“

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17.10.02

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Christian Rempel: Wider der Poesie Stand; Foto eines Leuchtturmes von Andreas Schrock

Bister sei des Meer Couleur, des grauen Morgens Brühe. So sieht es kaum der grand flaneur bezechte Heimkehr in der Frühe. Ein Leuchtturm in der Stille blakt übernächtig, wohl zu spät. Sein Licht am Nebel lustlos nagt, durch den der Mann nach Hause geht. Im Hafen dräun wie festgefroren steilwandig Riesen, sintemal den Klang der Liebe in den Ohren scheint`s Exterieur besonders schal. Doch all die Trübsal unsern Mann, des Innres schachtelt fein in Borke, ficht derart Bildnis gar nicht an, schmeckt nach dem Kuss und fühlt sich knorke.

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Foto eines Leuchtturmes Kurische Nehrung (heute Litauen) von Andreas Schrock

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Bister sei des Meer Couleur,
des grauen Morgens Brühe.
So sieht es kaum der grand flaneur
bezechte Heimkehr in der Frühe.

Ein Leuchtturm in der Stille blakt
übernächtig, wohl zu spät.
Sein Licht am Nebel lustlos nagt,
durch den der Mann nach Hause geht.

Im Hafen dräun wie festgefroren
steilwandig Riesen, sintemal
den Klang der Liebe in den Ohren
scheint`s Exterieur besonders schal.

Doch all die Trübsal unsern Mann,
des Innres schachtelt fein in Borke,
ficht derart Bildnis gar nicht an,
schmeckt nach dem Kuss und fühlt sich knorke.