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Wenn ich nicht singen würde
wäre ich ein schlechter Trinker, aber
ein besserer Mensch, doch
was wäre all mein Gut – Sein ohne Lieder
Freunde taucht auf
aus weichem Blau der Nacht
ich öffne einen Spalt
dem gläsernen Wort
es färt der bittere Schaum des Bieres
am Flaschenhals hinauf
bis er überläuft und abwärts rinnt
herb frisch durch die Kehle süß
säuselt die Zunge: hereinspaziert
ihren Vorbau schiebt die Gegenwart ins Zimmer
sie warb so auf Plakaten für das scharfe Getränk
auf Zehenspitzen tippelt der Traum hinterher
vorher kam die Vergangenheit,
die ein Lied in Fesseln hielt
in ihren Armen verschlief ich manchen Rausch
und es tanzen die verlorenen Worte
und es erklingen vergessene Schreie
und im roten Abendkleid erscheint die Angst
und der Mut kommt aufgebretzelt im bleichen Frack
Party, Freunde Party
das Bier wird warm, die Seele weit
per Handy meldet sich die Erinnerung
falsch verbunden, die Hoffnung hat ein kristallenes Lachen
aber es tanzen Licht und Schatten
aber die Nebel umschlingen die Tanne
aber da draußen um elfe am Gartentor
winkt schon das nächste Lied: Lebt wohl
einen werd ich noch trinken
einen singen für die Katz, aber
wenn wir nicht so lieben würden-
nüchtern wären wir trara…
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ich weiß nicht, ob ich das bin im Spiegel da
ich weiß nicht, ob ich durch eine Scheibe sehe
ich weiß nicht, ob es Tag ist
ich weiß nicht, ob es Nacht ist
ich weiß nicht, ob ich jung bin
ich weiß nicht, ob ich alt bin
ich weiß nicht, ob ich ICH bin
ich weiß nicht, bin ich ein anderer
du weißt mehr
du weißt ich bin ein anderer
du weißt einen Namen
du weißt ihn zu sprechen
sehe ich dich
sehe ich Spiegel und Scheibe
sehe ich Tag und Nacht
sehe ich jung und alt aus
nennen andere meinen Namen
glaub ich
es säuselt der Wind
Ode an die Regenwürmer
Vorsicht
Drossel im Tiefflug
über der duftenden Spatenkrume
angeflogen, die Drossel segelt
ach kämm’ das Gute
doch von oben
Spaten und Drossel nicht
Drossel landet
Spaten sticht
Vom Wurm gibt’s nun
Teil A und B
Die Drossel jubiliert:
Aus Einsicht ward Zweisicht
Zweimal der Schnabel pickt
Sozusagen Sicht Nummer drei
alles vorbei
Das Gedicht wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN 978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)
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Immer wieder
heimlich helle Worte
immer wieder Ängste
im sonnigen Schweigen
immer wieder Räume
leuchtend vor Verlassenheit
immer wieder Hände
voll Verlorenheit
immer wieder blaues Wundern
giftig grünes Hoffen
immer wieder Verlangen
Feuer, Feuer
immer wieder die rote Spur
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gezögert habe ich lange
nun öffne ich die Tür
um den Tisch die Toten
mit verschaukelten Herzen
starren nach mir
Augenblicke sind das
ohne zurück. Ich rufe:
Kopf hoch, ihr Leichen!
Dagegen empörtes Geschrei
Mensch Kerl, willst leben,
du tanzt aus der Reih!
Die Versammelten
wirken verschlossen:
Leb nur leb, wer freiwillig sich
nicht tot stellt,
dem senden wir einen Bescheid-
Erschossen?
Augenblicke sind das
ohne zurück
wem fallen solche Türen
ins Genick
ich komme schnell
werfe alles hin
Wortgestammel,
Papiergerammel
Tabakgegammel.
Komme dir meine Hand zu bringen.
Komme deine Wärme zu holen.
Komme, um zu kommen
um zu streicheln
um zu schauen,
weil
so viel Licht ist
in deinen Augen,
weil
so viel Mond hinein paßt,
weil
alles darum herum sein muß,
damit du stiller atmest
unter meiner Hand
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Einfaches Erkennen
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Du hast gelacht
Ich bin
aufgewacht
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altert und wird
älter und wird
zahmer und wird
kälter und wird
lahmer
So altert es
dahin, fragt
niemand nicht nach einem
Sinn,
altert und wird
älter und wird
schriller und wird
kälter und wird
stiller
so altert es
es bleibt Schweigen
Gott sei Dank
Nach dem letzten Wort:
Mensch Altes
nun bist du
fort
komm schlaf bei mir
vielleicht diese Nacht
vielleicht diese Stund
komm schlaf mit mir
schlaf mich gesund
geh, wach auf
gewiß der Spruch
gewiß der Bruch
des andern Wort
ach scher dich fort
ich bin erwacht
du bist neben mir
es strahlt der Morgen
ich möchte sorgen
das macht mir Sorgen
morgen, morgen, na ja
du bist nicht mehr da