Categotry Archives: Texte von Frank Siegert

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Frank Siegert: Betrachtungen an der Straßenampel

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, könnte ich vor Ungeduld explodieren. Wann leuchtet endlich dieses blöde grüne Licht auf. Böse Dämonen haben sich gegen mich verschworen. Sie wollen mich nicht fahren lassen. Ans andere Ufer. Die Zeit dehnt sich ins Unendliche. Fühle mich wie ein Dampfkessel ohne Sicherheitsventil. Dann endlich, Grün leuchtet auf, Glücksgefühle flammen in mir auf. Ich trete in die Pedale und bin drüben.

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Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, könnte ich vor Ungeduld explodieren. Wann leuchtet endlich dieses blöde grüne Licht auf. Böse Dämonen haben sich gegen mich verschworen. Sie wollen mich nicht fahren lassen. Ans andere Ufer. Die Zeit dehnt sich ins Unendliche. Fühle mich wie ein Dampfkessel ohne Sicherheitsventil. Dann endlich, Grün leuchtet auf, Glücksgefühle flammen in mir auf. Ich trete in die Pedale und bin drüben.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, muss ich stehenbleiben. Stopp. Um mich herum rauscht der Verkehr. Die Autos schießen schnell an mir vorüber. Wohin fahren die Menschen alle. In den Urlaub? . Zum Finanzamt? Zur Geliebten? Eine unsichtbare Macht zwingt mich zum Anhalten. Jetzt bin ich hier. Muss in meinen Tagesablauf innehalten. Schaue an der Häuserwand hoch. Lasse meine Blicke umherschweifen. Dort an der Wand ein offenes Fenster, mit wehenden Gardinen, die nach draußen hängen. Ich will aber weiter. Weiter, schneller, schneller. Endlich das grüne Licht. Die Erlösung von meinen Leiden. Ich kann weiter.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, sehe ich die Leute neben mir. Wie sie in die Umgebung blicken. Manche mit Gesichtern, die das Leben gezeichnet hat. Tief gefangen in ihrem eigenen Dasein. Kein Lächeln, das den Tag erhellt und Mut macht. Befinden sie sich in einem Gefängnis. Kann das Aufleuchten von Grün das Gehen in die Freiheit für sie bedeuten. Nein, es ist nur eine normale Straßenüberquerung

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, hoffe ich ungeduldig auf das Erscheinen des grünen Lichtes. Warum will ich, dass es aufleuchtet. Erwarte ich einen Lottogewinn? Eine Superbraut? Oder willst du einfach dein kleines beschauliches Leben weiter leben und auf die andere Straßenseite fahren.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte,  Die Autos rauschen mit ihren stur nach vorne blickenden Insassen an mir vorbei. Der Verkehr dröhnt in meinen Ohren. Bereitet mir Schmerzen. Ich will doch nur weiter. Der Regen durchnässt mich. Mich friert. Jetzt mit einem Bacardi Rum in der Hand, auf einem Stuhl sitzen. Samba Musik im Ohr. Die rötliche Sonne im Untergehen genießen. Den lauwarmen Abendwind sanft um die Beine wehen lassen. Und von einer fremden Hand am Unterarm berührt werden.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte. Wie als Kind das Hoffen auf Weihnachten. Aus Langeweile betrachte ich die Menschen auf der anderen Straßenseite. Bemerke, sie sind da, wo du hinwillst. Das ist nur ein Zwischenstopp. Eine kurze Episode an diesem Tag. So oft schon erlebt. Bald vergessen. Gelöscht. Doch dort im Rinnstein ein Fünfzig-Cent-Stück. Und schon ein Geschenk des Tages entdeckt.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, sitze ich fest wie auf einem Wartestuhl beim Arzt. Wann werde ich endlich aufgerufen? Ich warte. Langsam steigt mir der Kaffee von vorgestern in die Kehle. Mein Arzt sagt, ich soll mich nicht aufregen, das sei nicht gut für mein Herz. Es kann sein, dass ich bald für immer zwischen den Brettern liege. So bezähme ich den Tiger in mir. Stehe wie ein braver Bürger auf dem Fußweg und schaue gelangweilt in die städtische Steppe.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte, will ich schnell weiter fahren. Die Freundin im Café schaut ungeduldig auf die Uhr. Eine unsichtbare Macht zieht mich zu ihr, die nur ein paar Straßen weiter am Tisch sitzt. Aber in mir tickt die Sehnsucht wie eine Bombe, kurz vor der Explosion. Die Zündschnur glimmt bereits.

Wenn ich mit dem Fahrrad an der Straßenampel warte – und einfach eine Grünphase auslasse. Stehenbleibe am Straßenrand. Das macht doch kein Mensch, höre ich meinen Verstand sagen. Jeder erkennt in mir den Sonderling. Die Leute liefen an mir vorüber und würden mich verwundert ansehen. Ist der noch normal, denken sie. Der gehört in eine Anstalt. Mich dem Fluss des Lebens entgegenstemmen. Den allgemeinen Trott hinterfragen. Ich lasse mich jedoch vom Strom mitziehen und fahre über die Straße wie alle anderen.

Wenn ich mit dem Fahrrad an die Straßenampel komme – und einfach sie ignoriere. Ich fahre hinüber. Bei Rot. Hinter mir die bösen Blicke der Wartenden kann ich nicht sehen. Auch einige Rentner sind dabei. Ich kann ihre Gedanken über mich nicht erahnen. Ignorieren sie mich, oder beneiden sie meinen Mut. Oder denken sie, der gehört eingesperrt. Ich lasse sie in ihrem Frieden stehen, dort am Straßenrand.

Wenn ich mit dem Fahrrad an die Straßenampel komme – und einfach sie ignoriere. Ich will genau so stolz Rad fahren, wie die Autofahrer in ihren  chromblitzenden Kisten und ihre Oberkörper im Rhythmus der Stones bewegen. Und denken, sie wären die Könige der Straße. Deshalb nutze ich die Lücke zwischen ihnen, zeige ihnen in Gedanken den Stinkefinger und radle auf die andere Seite.   

Wenn ich mit dem Fahrrad an die Straßenampel komme – und einfach sie ignoriere.  Ich fühle mich wie ein Dissident. Etwas Unerlaubtes tun. Was der brave Bürger nicht tut. Selbst wenn die Straße weit und breit leer ist. Es ist das Aufbegehren gegen die Normen des Alltags. Gegen das zähe Fließen des Unsinns an mir vorbei. In Dunkelheit sein, mitten am Tag. Tief im Herzen lege ich das Gewehr an. Ziele in die Mitte der Normalität. Und fahre frisch und frei in die Sonne. Komme auf der anderen Straßenseite an mit dem Stolz, jetzt doch etwas anders zu sein.

Frank Siegert

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Frank Siegert: Hunger

Der Zug, eine Rauchfahne hinterlassend, entfernte sich. Es war niemand außer mir ausgestiegen. Der Bahnhof, kleine gedrungene Bauten, war menschenleer. Der späte Nachmittag verlockte mit seinem trüben Himmel keinen Menschen zum Ausgehen. Da mich niemand erwarten konnte, nahm ich meinen Koffer und ging in das Dorf. ...

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Der Zug, eine Rauchfahne hinterlassend, entfernte sich. Es war niemand außer mir ausgestiegen. Der Bahnhof, kleine gedrungene Bauten, war menschenleer. Der späte Nachmittag verlockte mit seinem trüben Himmel keinen Menschen zum Ausgehen. Da mich niemand erwarten konnte, nahm ich meinen Koffer und ging in das Dorf.

Die schlichten Häuser hatten rote Dächer. Die Allee durchzog ein scharfer Wind. Er vermochte nicht, die schmutzigen Schneehaufen verschwinden zu lassen.

Das Gelände war mit einem schmiedeeisernen Zaun eingefasst. Der Pförtner saß in seinem Haus und bemerkte mich nicht. Die großen Backsteingebäude strahlten den Charme vergangener Zeiten aus.

Die Tür ließ sich schwer öffnen. Es wehte mir ein Schwall abgestandener Luft entgegen.

In den weiß gefliesten Fluren saßen Alte in Rollstühlen. Sie starrten vor sich hin. Ich hörte undeutlich artikulierte Laute und Stöhnen. An Krückstöcken bewegten sich Männer langsam vorwärts. Schwestern mit weißen Hauben gingen lautlos vorbei.

Ich fand einen Saal. Die Türen zu den Gängen waren offen. Die Eichen waren durch die großen Bogenfenster zu sehen.

In der Mitte des Raumes stand ein Klavier. Den Koffer absetzend und den Mantel ablegend nahm ich auf dem Hocker Platz.

Ich klappte den Deckel auf und spielte die ersten Takte eines Stückes von Chopin. Die Melodien strömten aus den Türen in die Zimmer.

Erst kam ein Mann im Schlafanzug mit erstauntem Blick zaghaft in den Saal. Dann erschienen Patienten mit Rollstühlen. Sie bildeten einen Kreis um das Klavier.

Die Gesichter sogen die Töne in sich ein. Einige lächelten verklärt. Es zeigten sich immer mehr Leute.

Nach dem Vortrag herrschte eine Stille, in der plötzlich die Sonne durch die Bogenfenster strahlte.

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Aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015 – Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – Spaziergang

Spaziergang Ich laufe abends einen Weg entlang. Ein Wohlgeruch von Heu steigt mir in die Nase. Die Erinnerung an Omas Heuboden überfällt mich. Das würzige Aroma lässt mich nicht los. Wenn ich ein Schaf wäre, so würde ich so eine Mahlzeit genießen. Plötzlich erkenne ich, dass ich fleißig Heu in meinem Kopf wende. Es muss wohl an der Dämmerung liegen.

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Foto: Heuwiese-k 

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Spaziergang

Ich laufe abends einen Weg entlang. Ein Wohlgeruch von Heu steigt mir in die Nase. Die Erinnerung an Omas Heuboden überfällt mich. Das würzige Aroma lässt mich nicht los. Wenn ich ein Schaf wäre, so würde ich so eine Mahlzeit genießen. Plötzlich erkenne ich, dass ich fleißig Heu in meinem Kopf wende. Es muss wohl an der Dämmerung liegen.
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Der Text wurde veröffentlicht in der Jubiläumsanthologie: “unDichterNebel” 2001 – 2015
(ISBN  978-3-941394-40-7 / Osiris Druck Lpz.)

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Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – Der Baum

Der Baum Am Rand des Wirtschaftsweges steht ein Baum. Die obere Hälfte der Krone ist ohne Blätter. Er ist kleiner als die anderen Bäume. Wie abgeschnitten vom Grün ragen seine dürren Zweige in den Himmel. Durch sie scheint rosarot die Abendsonne. Irgendetwas stand seiner Entfaltung im Wege. Aber er trotzt dem Zerfall, der ihn erwartet.

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Der Baum

Am Rand des Wirtschaftsweges steht ein Baum. Die obere Hälfte der Krone ist ohne Blätter. Er ist kleiner als die anderen Bäume. Wie abgeschnitten vom Grün ragen seine dürren Zweige in den Himmel. Durch sie scheint rosarot die Abendsonne. Irgendetwas stand seiner Entfaltung im Wege. Aber er trotzt dem Zerfall, der ihn erwartet.

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Foto: Sonnenuntergang
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Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – An der Wiese

An der Wiese Ich gehe zwischen Feld und Wiese. Die Grillen zirpen. Von weit her höre ich Vogelgezwitscher. Fern kommt der Waldrand mir nah. Die Vogelbeeren sind kräftig rot. Das Grün der Bäume variiert in unterschiedlichen Tönen. Von fern sieht man die Berge im Dunst schimmern. Ein Falter setzt sich auf eine Blüte und trinkt Nektar. Ob er wohl auch die Aussicht genießen kann?

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An der Wiese

Ich gehe zwischen Feld und Wiese. Die Grillen zirpen. Von weit her höre ich Vogelgezwitscher. Fern kommt der Waldrand mir nah. Die Vogelbeeren sind kräftig rot. Das Grün der Bäume variiert in unterschiedlichen Tönen. Von fern sieht man die Berge im Dunst schimmern. Ein Falter setzt sich auf eine Blüte und trinkt Nektar.

Ob er wohl auch die Aussicht genießen kann?

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Foto: Kaisermantel auf Klette quarknet.de/schmetterlinge.

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Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – Auf dem Feld

Auf dem Feld Ich wandere auf einem Feldrain. Die Sonne drückt ihre Kraft auf den trockenen Boden. Kein Vogellaut ist zu hören. Vor mir ein kleines Tal. Das Feld wellt sich sanft hinein. Wenn jetzt Winter wäre, würden rodelnde Kinder das Tal zum Klingen bringen.

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Auf dem Feld

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Ich wandere auf einem Feldrain. Die Sonne drückt ihre Kraft auf den trockenen Boden. Kein Vogellaut ist zu hören. Vor mir ein kleines Tal. Das Feld wellt sich sanft hinein. Wenn jetzt Winter wäre, würden rodelnde Kinder das Tal zum Klingen bringen.
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Foto: Stoppelfeld quarknet.de/

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*** Aus der Anthologie unDichternebel: 2001 – 2015 – Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – Am Feld

Am Feld Mit einem Blick über Rosenthal sitze ich am Feldrand. Hinter mir die Waldgrenze. Ein Trecker bearbeitet die Flur. Der leichte Sommerwind weht mir den Duft von Ackerkrume zu. Ein Schmetterling setzt sich auf meinen Schuh. Vergeblich sucht er das untergepflügte Grün. Er fliegt davon. Ich wünsche ihm Glück. Foto:Spitzenflügel Schmetterling - http://quarknet.de/schmetterlinge.php

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Am Feld

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Mit einem Blick über Rosenthal sitze ich am Feldrand. Hinter mir die Waldgrenze. Ein Trecker bearbeitet die Flur. Der leichte Sommerwind weht mir den Duft von Ackerkrume zu. Ein Schmetterling setzt sich auf meinen Schuh. Vergeblich sucht er das untergepflügte Grün. Er fliegt davon. Ich wünsche ihm Glück.
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Foto:Spitzenflügel Schmetterling – http://quarknet.de/schmetterlinge.php

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Frank Siegert: Rosenthaler Urlaub – Die Distel

Die Distel Eine große Distel steht einsam zwischen gemähter Wiese und Feld. Jemand hat sie für wertvoll erachtet und vor der Motorsense geschützt. Ich achte diesen Jemand. Wäre ich mit dem Auto vorbeigefahren, hätte ich sie zwischen den Vogelbeerbäumen nicht gesehen.

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Die Distel

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Eine große Distel steht einsam zwischen gemähter Wiese und Feld. Jemand hat sie für wertvoll erachtet und vor der Motorsense geschützt. Ich achte diesen Jemand.

Wäre ich mit dem Auto vorbeigefahren, hätte ich sie zwischen den Vogelbeerbäumen nicht gesehen.

Foto: Distel – http://quarknet.de/kraeuter.php

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Frank Siegert: Papstdorfer Wanderung

Als ich gestern die Straße entlang ging, entdeckte ich in der Mitte einen Schaden im Asphalt. Ein Loch, in dem sich etwas Wasser befand. Heute gehe ich erneut daran vorbei und staune. Es schauen zwei grüne Blätter einer Pflanze daraus empor. Wie lange werden sie wohl wachsen können. Ich betrete einen Weg. Rechts von mir ist eine Böschung mit Ackerschachtelhalm übersät. Wie ein Wald steht er kerzengerade da. Meine Oma sagte: „Wenn er einmal auf dem Beet ist, bekommt man ihn nicht mehr los.“ Ich bewundere ihn. Was hat er für ein Durchsetzungsvermögen gegenüber den anderen Kräutern auf der Wiese. Ich gehe einen Berg empor. Als ich auf dem Gipfel war, liegt vor mir ein Feld. Wie bei einem Teppich, der sich im Abendwind sanft wellt, strahlen roter Klee, blaue Miere und weiße Kamille mich an. Am Rand wachte der Mohn wie eine rote Ampel. Bitte nicht betreten!

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Als ich gestern die Straße entlang ging, entdeckte ich in der Mitte einen Schaden im Asphalt. Ein Loch, in dem sich etwas Wasser befand. Heute gehe ich erneut daran vorbei und staune. Es schauen zwei grüne Blätter einer Pflanze daraus empor. Wie lange werden sie wohl wachsen können.

Ich betrete einen Weg. Rechts von mir ist eine Böschung mit Ackerschachtelhalm übersät. Wie ein Wald steht er kerzengerade da. Meine Oma sagte: „Wenn er einmal auf dem Beet ist, bekommt man ihn nicht mehr los.“ Ich bewundere ihn. Was hat er für ein Durchsetzungsvermögen gegenüber den anderen Kräutern auf der Wiese.

Ich gehe einen Berg empor. Als ich auf dem Gipfel war, liegt vor mir ein Feld. Wie bei einem Teppich, der sich im Abendwind sanft wellt, strahlen roter Klee, blaue Miere und weiße Kamille mich an.

Am Rand wachte der Mohn wie eine rote Ampel. Bitte nicht betreten!

Auf den nicht mit Wald bedeckten Flächen befinden sich Getreidefelder. In der Luft fliegen Schwalben. Fern ragen die Sandsteine aus den Wäldern. Dazwischen wellen sich Dorf und Felder umgrenzt von Baumgruppen. Der sachte Luftstrom vermittelt mir Ungebundensein. Ich laufe langsam, um dieses Gefühl lange in mir zu spüren.

Vor mir auf einer Bank sehe ich drei junge Damen. Der Faszination, die von ihnen ausgeht, kann ich mich nicht entziehen. Wie die ersten Kirschblüten, mit ihrer Lieblichkeit und ihrer Reinheit so strahlen sie mich an.

Auf einmal werde ich angesprochen. Wie geblendet zucke ich zusammen. Eine dieser Erscheinungen bittet mich um zwei Euro für zwei Flaschen Limonade. Erschrocken ziehe ich die Geldbörse heraus und gewähre ihnen die Bitte.

Ein nettes Dankeschön springt aus ihren Mündern. Im Gleichklang ihrer Worte so lachen ihre Augen mir zu. Sogleich steigt mir vom Herzen ein angenehmes Gefühl auf. Schade, dass ich im Rücken keine Kamera habe, sonst könnte ich ihre Freude aufzeichnen, um sie mit nach Hause zunehmen.

Meine Fußsohlen betreten einen teilweise mit Kräutern und Gräsern bewachsen Waldweg. Zwischen den Bäumen schauen die Sandsteine hervor. Verhalten zwitschern Waldvögel. Oft wird der Weg nicht betreten. Doch finde ich eine leere Limonadenflasche. Es war also doch jemand vor kurzen hier. In Gedanken fülle ich die Flasche mit meiner Urlaubsenergie auf und lasse sie für den nächsten Wanderer liegen.

In dem sanft im Tal gewellten Ort stehen die Häuser mit roten und schwarzen Dächern zwischen Steinmauern. Fichten und Apfelbäume säumen die gemähten Wiesen. Einige sauber gestrichene Garagentore stehen auf und lassen Heimwerkerwerkstätten sehen. Manchmal kräht ein Hahn. In Vorgärten blühen gelb sorgsam eingefasste Blumenkästen. Auf Plastestühlen sitzen ein paar ältere Herren im Plausch vertieft.

Die von Wald umrankten Sandsteine werden ihre Welt wohl nicht durch umfallen zerstören können.

Vor einer großen Hütte sitzen junge Männer mit langen Bärten. Sie haben Bücher in der Hand und diskutieren laut. Auf dem Tisch steht kein Bier, sondern Teegläser. Die Sonne ist fast im Untergehen.

Durch eine halboffene Tür sehe ich Reagenzgläser im Abendlicht.

Das Haus sieht neu gebaut aus. Die alte Bauernhausform verrät aber sein Alter. Mit Fachwerk und gelbem Putz steht es an einem Kastanienbaum. Von fern schreit ein Kind. Auf einem freien Fleck zwischen Wiese und einer Pergola steht ein junger Mann. Mit langsamen kreisenden Arm und Körperbewegungen bewegt er sich harmonisch in der untergehenden Sonne.

 Abends gehe ich in das Gasthaus „Zur Hoffnung“. Die kleinen Tische im Gastraum sind alle mit Gästen besetzt. Verhaltenes Stimmengewirr ist im Raum, der mit Essensgerüchen gefüllt ist. Die Bestecke stehen in Bierkrügen, in den Speisekarten befinden sich auf der Rückseite Wanderhinweise. Ein alter Regulator hängt an der Wand. Die freundliche Kellnerin bringt mein bestelltes Essen. Verschiedene Urlaubsdialekte umschwirren mein Ohr. Meine Zunge wird von der Mahlzeit sehr verwöhnt.

Ich hoffe vergebens, dass ich die Uhr anhalten kann, um diese Würze des Augenblicks  richtig auskosten.