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Was sage ich?
und was sage ich lieber nicht. Ich verheimliche nichts, aber manches könnte mir zu nahe kommen, manches gehört sich auch nicht oder könnte in den falschen Hals geraten. Wenn ich schlaflose Nächte habe, sollte ich das vielleicht lieber in ein lyrisches Ich verpacken und reifen lassen.

Dann kommen vielleicht Zeilen wie bei Gerhard Gundermann heraus (s. in diesem Blog):

Und nachts macht diese Stadt ´über uns die Luken dicht,
und wer den Kopp zu weit oben hat,
der find` seine Ruhe nicht.

Wenn ich in Wut geraten bin, sollte ich überlegen, ob meine Reaktion einen künstlerischen Wert haben könnte, eine poetische Gebärde sein könnte, wie Sibyl es ausdrückte. Eine Gebärde hat auch etwas von Konzentration, ist nicht einfach ein Gebaren. Sie kann sich nicht nur in Worten, sondern auch in einem Blick, einer Geste ausdrücken, die uns nur im persönlichen Kontakt zu Gebote stehen und den wir deshalb auch so pflegen sollten, wie den schriftlichen Gedankenaustausch. Aber im Zentrum bleibt jenes Einzelne, Einsame („für sich allein sein“), diese Rilke‘schen Kunstdefinition, die Sibyl in ihrem Aufsatz an den Schluss stellt. Vieles, was bei ihm fast als Pose rüberkommt, erfurchterhei¬schend, ist durchaus berechtigt, wenn man es eben kann. Ob man es kann, entscheidet nicht mal die urfröhliche Runde in 25 Jahren, die Gerhard antizipiert, wir auch jetzt nicht, was wir wohl wissen sollten, und vielleicht wird sich die Nachwelt auch nicht dieser Mühe unterziehen, denn berufen fühlen sich viele und wer ist schon ein Berufener oder eine Berufene.

Hüten wir also alles, in dem etwas vielleicht Entdeckenswertes liegen könnte.
Grottenschlechtes kann ja getrost verworfen werden, das hebe auf, wer es für wert hält.

Im Unbestimmten
Christian